Identität und Identitätsfindung sind ja eines der größten Themen der Literatur (Kafka, Hesse, Salinger usw. usw.), aber was mir an Identitätsliteratur, so wie du sie hier vorstellst, fehlt, ist die Handlungsdynamik. In diesen Büchern wird die Identität nicht gefunden, sondern steht immer fest, wird dann irgendwie zur reinen Mitteilungsprosa, und dadurch fehlt ihnen für mich die erzählerische Spannung und Raffinesse. Gelungen finde ich zum Beispiel die spielerische und handlungsorientierte Umsetzung zum Thema schwarze Identität in James von Percival Everett.
Absolut, die Suche und Entdeckung der Identität im Kontext des Gemeinschaftlichen ist eine der stärksten Kräfte. Deswegen rede ich bewusst von identitärer Literatur der Marginalisierten der Gegenwart. Es stimmt hier auf jeden Fall, dass dieser Literatur die Figuren-Dynamik und eine spannende szenische Darstellung fehlt, die Diskriminierung und Selbstbehauptung durchspielt. Everetts James reizt mich sehr, danke für die Empfehlung. Liebe Grüße
Neulich erst habe ich Blutbuch von Kim de l'Horizon gelesen und war davon eher irritiert, weil es so inkohärent und zerfahren ist und dabei kaum ein richtiger Punkt zu erkennen, auf den zugeschrieben wurde. Zu viele Themen, alle eher oberflächlich behandelt. Direkt danach habe ich Sehr Blaue Augen von Toni Morrison gelesen, und das war ein Volltreffer. Zielgenau das Thema behandelt, aber auch mit den anderen gesellschaftlichen Einflüssen, die da mit reinspielen. Meisterlich erzählt, wirklich. Mir scheint der intersektionale Ansatz viele erzählerische Fallstricke zu haben, in die man hineinfallen kann. Was im Aktivismus sehr wichtig ist, muss beim Erzählen wohl sehr gut abgewägt werden, um nicht den Fokus zu verlieren.
Vielen Dank für deine gute Analyse. Ich liebe Romane von Baldwin, Morrison, oder Adichie, habe aber häufig mit den heute geführten Identitätsdebatten meine Probleme.
Ja, gerade Morrison liebe ich auch sehr, habe mir kürzlich ihren fünften Roman, Jazz, besorgt. Alle vier zuvor haben mir gut gefallen. Vielleicht ist ein großer Unterschied zwischen der emanzipatorischen Literatur der 60,70,80er und den heutigen Büchern über z. B. schwarzes Leben, dass die früheren Autoren noch in eine weitgehend rassistische Gesellschaft hineinschrieben und daher der individuelle Behauptungskampf literarisch intensiver geführt wurde. Palasi Andreades kann sich stattdessen ja als Trägerin einer staatlich weitgehend geförderten Gleichstellung betrachten. Da wird dann sozusagen als Ausgleich der Blick auf die Marginalisierungsmöglichkeiten so weit, dass er verschwimmt. Liebe Grüße
@@KainUndAbelBooks Das kann gut möglich sein. Mich beschleicht zuweilen auch der Verdacht, dass Identität zum Selbstzweck zu verkommen droht. Wie du sagst, das Leiden war in früheren Zeiten sicher größer. Jazz habe ich gelesen und ebenfalls sehr gemocht. Viel Freude damit!
Nach so viel Content von anderen Werken sollte dir doch jetzt eine Rezension von Musils Meisterwerk blitzschnell von der Hand gehen.. :D Da bin ich mal gespannt wie ein Flitzebogen..
Identität und Identitätsfindung sind ja eines der größten Themen der Literatur (Kafka, Hesse, Salinger usw. usw.), aber was mir an Identitätsliteratur, so wie du sie hier vorstellst, fehlt, ist die Handlungsdynamik. In diesen Büchern wird die Identität nicht gefunden, sondern steht immer fest, wird dann irgendwie zur reinen Mitteilungsprosa, und dadurch fehlt ihnen für mich die erzählerische Spannung und Raffinesse. Gelungen finde ich zum Beispiel die spielerische und handlungsorientierte Umsetzung zum Thema schwarze Identität in James von Percival Everett.
Absolut, die Suche und Entdeckung der Identität im Kontext des Gemeinschaftlichen ist eine der stärksten Kräfte. Deswegen rede ich bewusst von identitärer Literatur der Marginalisierten der Gegenwart. Es stimmt hier auf jeden Fall, dass dieser Literatur die Figuren-Dynamik und eine spannende szenische Darstellung fehlt, die Diskriminierung und Selbstbehauptung durchspielt. Everetts James reizt mich sehr, danke für die Empfehlung.
Liebe Grüße
Neulich erst habe ich Blutbuch von Kim de l'Horizon gelesen und war davon eher irritiert, weil es so inkohärent und zerfahren ist und dabei kaum ein richtiger Punkt zu erkennen, auf den zugeschrieben wurde. Zu viele Themen, alle eher oberflächlich behandelt.
Direkt danach habe ich Sehr Blaue Augen von Toni Morrison gelesen, und das war ein Volltreffer. Zielgenau das Thema behandelt, aber auch mit den anderen gesellschaftlichen Einflüssen, die da mit reinspielen. Meisterlich erzählt, wirklich.
Mir scheint der intersektionale Ansatz viele erzählerische Fallstricke zu haben, in die man hineinfallen kann. Was im Aktivismus sehr wichtig ist, muss beim Erzählen wohl sehr gut abgewägt werden, um nicht den Fokus zu verlieren.
2 Bücher, die mich schwer beeindruckt haben sind Die Farbe Lila und Roots.
Vielen Dank für deine gute Analyse. Ich liebe Romane von Baldwin, Morrison, oder Adichie, habe aber häufig mit den heute geführten Identitätsdebatten meine Probleme.
Ja, gerade Morrison liebe ich auch sehr, habe mir kürzlich ihren fünften Roman, Jazz, besorgt. Alle vier zuvor haben mir gut gefallen.
Vielleicht ist ein großer Unterschied zwischen der emanzipatorischen Literatur der 60,70,80er und den heutigen Büchern über z. B. schwarzes Leben, dass die früheren Autoren noch in eine weitgehend rassistische Gesellschaft hineinschrieben und daher der individuelle Behauptungskampf literarisch intensiver geführt wurde. Palasi Andreades kann sich stattdessen ja als Trägerin einer staatlich weitgehend geförderten Gleichstellung betrachten. Da wird dann sozusagen als Ausgleich der Blick auf die Marginalisierungsmöglichkeiten so weit, dass er verschwimmt.
Liebe Grüße
@@KainUndAbelBooks Das kann gut möglich sein. Mich beschleicht zuweilen auch der Verdacht, dass Identität zum Selbstzweck zu verkommen droht. Wie du sagst, das Leiden war in früheren Zeiten sicher größer.
Jazz habe ich gelesen und ebenfalls sehr gemocht.
Viel Freude damit!
The invisible man von Ralph Ellison würde ich auch unbedingt zu den gelungenen Romanen dazuzählen.
Nach so viel Content von anderen Werken sollte dir doch jetzt eine Rezension von Musils Meisterwerk blitzschnell von der Hand gehen.. :D Da bin ich mal gespannt wie ein Flitzebogen..