Auferstehung jetzt - Ostern als Aufstand. Johannes Rauchenberger im Gespräch mit Peter Trummer

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  • Опубліковано 31 бер 2023
  • Johannes Rauchenberger im Gespräch mit Peter Trummer über sein neu aufgelegtes Osterbuch: „Auferstehung jetzt - Ostern als Aufstand. Theologische Provokationen“
    Man kann die Frage der Auferstehung nicht auf einen bestimmten Augenblick im Leben Jesu eingrenzen, sie beginnt mit der Deutung der Passion. Lukas spricht bereits am Beginn des Weges nach Jerusalem von seiner sich vollendenden „Aufnahme“ (die wir als Himmelfahrt bezeichnen) und betont die wilde Entschlossenheit (9,51), das definitive Zeugnis für sein Gottesbild abzulegen. Dabei geht es einzig um die Frage: Braucht Gott Opfer um gnädig zu sein, wie es die Hohepriester vertreten und ihn deshalb am Kreuz hängen sehen wollen, weil er dort nach damaligen Vorstellungen „von Gott verflucht“ ist. Jesus aber dreht dieselbe Argumentation um und möchte genau mit diesem so gefürchteten Tod den Beweis erbringen, dass sein Gottesbild auch dieser Herausforderung gewachsen ist. Er geht also ganz bewusst auf das Kreuz zu und hat zu keinem Augenblick seines 18-stündigen Leidens den Protest aufgegeben, ist nie zum gehorsamen Opfer geworden oder hat seine Würde verloren.
    Hier kommt das geniale Kreuz Fischer von Erlachs am Hochaltar von Mariazell ins Spiel: Gott kommt dem Gekreuzigten entgegen. Der Vater reicht dem Sohn schon am Kreuz die Hand. Und das bedeutet Auferstehung in der Stunde des Todes. Das ist auch für uns so extrem wichtig, weil wir ja keine Auferstehung aus den Gräbern nach drei Tagen erleben und deswegen nur auf die Hand Gottes im Tod vertrauen können. Die Auferstehung „am dritten Tag“ ist keine zeitliche Datierung, sondern steht dafür, dass die meisten Kulturen erst ab diesem Tag den Tod als endgültig betrachten und die Bibel an ihm auch die besondere Hilfe Gottes erwartet. Eine Auferstehung aus dem Grab jedoch wäre eine Rückkehr in die irdische Raum-Zeitlichkeit und nicht die endgültige Gemeinschaft mit Gott.
    Die Deutung des Todes Jesu als Opfer ist besonders im Deutschen belastet, weil zu unterschiedliche Dinge in einen Topf geworfen werden. Das „Musikalische Opfer“ von Bach ist etwas ganz anderes als ein „Verkehrsopfer“, das dem Götzen Geschwindigkeit dargebracht wird, obwohl es dasselbe Wort ist. Die Deutung des Messopfers durch Anselm von Canterbury Ende des 11. Jahrhunderts ideologisiert die Gewalt der Todesstrafe. Das ist verhängnisvoll für den Glauben, aber diese depressive Logik konnte auch Luther nicht wirklich durchbrechen. Dort liegt die Quelle der Missverständnisse: „Hingabe“ oder ein Offert als Angebot können etwas sehr Sinnvolles und Erfüllendes sein, dürfen aber mit Gewalt und Zerstörung nichts zu tun haben, sonst wird die ganze Religion zerstörerisch.
    Was das Erkennen des Auferstandenen anlangt, so ist es sehr sinnvoll, dass wir hier in unserem Gespräch unter dem Bild der Wunderbaren Speisung sitzen, womit die frühe Ikonographie die Eucharistie als Brotbrechen (und nie als Abendmahl) in den Katakomben darstellt. Das Johannesevangelium platziert diese Geschichte in der Nähe von Ostern und auf einem Berg, hat also dieselbe Qualität wie die Bergpredigt bei Matthäus und beschreibt dabei Jesus als den eigentlichen Gastgeber, der aber leibhaft nicht mehr gesehen werden kann (obwohl er in der Bildererzählung nur leibhaftig darzustellen ist). Doch das Brotbrechen ist die Weise, wie die personale Präsenz des Auferstandenen erfahren werden kann (Lk 24).
    Dazu kommt, dass der einzige Kronzeuge der Auferstehung im Neuen Testament Paulus ist, denn er beschreibt seine Jesuserfahrung authentisch als inneres Geschehen. Und so hat auch die Bibelrevision 2016 am Beginn des Galaterbriefes endlich richtig gestellt: „Es gefiel Gott ... seinen Sohn in mir (und nicht mehr: mir) zu offenbaren...“, womit sich Paulus in die offizielle Liste der Auferstehungszeug/inn/en einreiht (1 Kor 15,5-8), was bedeutet, dass
    die Ostergeschichten der Evangelien nicht historische Berichte, sondern Ikonographie sind, wörtlich „Bildschreibungen“, die Erfahrungen aus zweiter und dritter Hand verständlich machen wollen, wir aber dabei die geistige Person Jesu mit einem irdischen Körper verwechseln. Zum Glück haben schon etliche Kreuzwegbilder im Barock richtig gedeutet:
    „Der heilige Leichnam Jesu wird ins Grab gelegt“, nicht: Jesus wird ins Grab gelegt. Auch für mich persönlich ist das Grab Jesu selbstredend „leer“ in dem Sinn, als seine Person nie dort hinein gelegt wurde.
    Für Heute: Zu den Begräbnissen kommen meist mehr Menschen als in die Osterliturgie. Wenn wir ihnen bei dieser Gelegenheit die Osterbotschaft ausrichten wollen, dann sollte sie in diese Richtung gehen:
    ● Das Kreuz Jesu ist ein Hinweis auf die Leidensfähigkeit Gottes, ohne die keine Liebe möglich ist.
    ● Schon im Tod kommt uns die Hand Gottes entgegen. Das ist die Auferstehung.
    ● Im Grab liegt nicht meine Mutter, sondern ihre Leiche, die wir pietätvoll versorgen.

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