Deutsche Siedlungen im Porträt - Messer

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  • Опубліковано 12 вер 2024
  • Die deutsche Kolonie Messer galt als eines der vorbildlichsten Umsiedlungsdörfer. Im Gegensatz zu anderen Kolonien stammten alle Erstsiedler von Messer aus der gleichen Region Deutschlands - somit gab es praktisch keine Konflikte zwischen den Kolonisten. Der Zusammenhalt der ersten Bewohner der Kolonie half ihnen, sich schnell einzuleben.
    Die Kolonisten von Ust-Solicha betrieben zunächst Landwirtschaft und waren damit sehr erfolgreich. Sie bauten Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse, Sonnenblumen und Hanf an. Mais ist eine gesonderte Erwähnung wert: In Russland wird die Initiative zum Anbau von Mais in der Regel mit dem Namen des sowjetischen Führers Nikita Chruschtschow verbunden. Die Messer-Kolonisten führten diese landwirtschaftliche Innovation jedoch fast 100 Jahre früher ein und gaben sie schnell wieder auf, da die Erträge nicht den Erwartungen entsprachen.
    Die Einwohner von Ust-Solicha haben auch ihr Alltagsleben mit Begeisterung und Einfallsreichtum angepasst. So erfand ein Kolonist namens „Rit“ den so genannten "Kizyak" oder "Dungtorf", eine dicke Mischung aus Dung und Stroh, die in Stücke geschnitten wurde und das Brennholz zum Heizen der Häuser ersetzte. Das Urheberrecht an dieser Erfindung wurde jedoch von den Bewohnern anderer deutscher Kolonien bestritten. Die ersten Häuser des Dorfes waren aus Holz. Und als die Kolonie wuchs und sich schnell entwickelte, fällten die Bewohner zügig alle umliegenden Wälder, von denen es in der Umgebung von Messer nur wenige gab. Sie mussten Holz von der Werft in Sosnowka kaufen und gingen dann dazu über, mit Stein zu bauen.
    Das historische Zentrum des Dorfes ist bis heute fast in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben. Die lutherisch-reformierte Gemeinde von Ust-Solicha errichtete diese Kirche im Jahr 1911. Der Kirchplatz, die Kirche, das ehemalige Pfarrhaus und das Gebäude der ehemaligen Schule, in dem heute die Bibliothek und das Dorfkulturhaus untergebracht sind, bilden eine Einheit. Das steinerne Pfarrhaus entstand übrigens 15 Jahre früher als die Kirche, in der Nachbarschaft der früheren Holzkirche, die vor dem Bau der neuen Kirche abgerissen wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es eine reiche Kolonie, in der sich nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Produktion entwickelte.
    Ust-Solicha war berühmt für seinen Sarpinenhandel. Es war unter den Wolga-Kolonien führend in der Produktion von Baumwollkleidung. Im Jahr 1894 waren etwa 600 Einwohner mit der Herstellung von Sarpinka-Stoffen beschäftigt. Die Produktion war in den Händen von drei Herstellern konzentriert: Borel, Schmidt und Reineke, die zusätzlich zu ihren Heimatkolonien Balzer, Ust-Solicha und Kutter Sarpinka-Fabriken in der gesamten Wolgaregion eröffneten. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gab es im Dorf ein Handelshaus der Gebrüder Schmidt und eine Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen.
    In dem Dorf brachen immer wieder Cholera- und Pockenepidemien aus. Besonders verheerend für die Gemeinde war die Epidemie von 1892, die auf die Dürrekatastrophe von 1991 folgte. Diese Epidemie forderte etwa 500 Todesopfer unter den Dorfbewohnern. Als die Katastrophe vorüber war, richtete die Gemeinde sogar einen eigenen kirchlichen Feiertag ein, den so genannten "Choleratag", der am ersten Freitag nach dem ersten September als Zeichen der Befreiung von der Epidemie gefeiert wurde.
    30 Jahre später, unter sowjetischer Herrschaft, wiederholte sich die Hungersnot. Nur dieses Mal hatte die Katastrophe ein gesamtrussisches Ausmaß. Einem Augenzeugen zufolge, Pastor Eichhorn, sammelten die Dorfbewohner "Aas auf, zermalmten es und kochten die Knochen, um sich irgendwie zu ernähren". Es gab sogar Fälle von Kannibalismus. Unter diesen Bedingungen spielte die Kirche, die über eigene Reserven verfügte, die wichtigste Rolle und unterstützte die Gemeindemitglieder so gut sie konnte. Die sowjetischen Behörden "bewerteten" den Beitrag des Klerus zum Kampf gegen die nationale Katastrophe jedoch auf eine eigentümliche Weise. Unter Berufung auf die Notwendigkeit, den Hunger zu bekämpfen, führten die Bolschewiki eine Kampagne zur Beschlagnahme von Kircheneigentum durch, entzogen den Kirchen ihre wirtschaftliche Grundlage und organisierten Repressionen gegen die Pfarrer. So wurde beispielsweise der Pfarrer Liborius Bening 1931 verhaftet. 1932 wurde der Pfarrer Eduard Hermann Eichhorn verhaftet und ins Exil geschickt.
    Die Kirche in Ust-Solicha wurde 1937 geschlossen.

КОМЕНТАРІ • 2

  • @andriflorin3105
    @andriflorin3105 8 місяців тому +2

    Gerade solche Einblicke fehlen heute weitgehend, die Ansätze zur Verbesserung der Wirtschaft liegt in der Kultur der Bewohner (und deren Religion).

    • @bkdrkulturzentrum1726
      @bkdrkulturzentrum1726  8 місяців тому

      Vielen Dank für Ihr Feedback. Solche Rückmeldungen motivieren uns zusätzlich bei unserer Arbeit.
      Alles Gute Ihnen und mit freundlichen Grüßen
      Ihr BKDR