Theodor Kramer liest sein Gedicht: "Ein Krampenschlag vor Tag" (1934)

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  • Опубліковано 5 жов 2024
  • #lyrik #gedicht #poesie #musik #folk #wien #oesterreich #heimat #natur
    Kleine Lyrik-Serie zum Dichter Theodor Kramer (1897-1958), dem wir, von Zupfgeigenhansel bis Hans-Eckardt Wenzel etc., wunderschöne Texte und Lieder verdanken. Aufgenommen am 14. November 1957, also vier Monate vor seinem Tod am 3. April 1958, zählen diese seltenen Aufzeichnungen vermutlich zu den letzten Tonaufnahmen des Dichters.
    Ein Krampenschlag vor Tag (1934)
    Was bin ich nur so jäh erwacht?
    So früh? Es ist noch lang nicht Tag.
    Fahl liegt die Kammer, durch die Nacht
    hallt eines Krampens dumpfer Schlag.
    Vorm Fenster steht ein Mann und schwingt
    den Schaft und bricht das Pflaster auf;
    der scharfe Hauch der Erde dringt
    mit jedem Schlag zu mir herauf.
    Vor Schwäche dreht es mich zur Wand;
    lang ist es her, schon viel zu lang,
    daß auf dem Steig gespreizt ich stand
    bei Nacht und selbst den Krampen schwang.
    Die Funken stoben und wie Wein
    roch scharf der Grund; das ist vorbei.
    Ein andrer lockert Stein um Stein
    und weckt mich vor dem Hahnenschrei.
    Der du vorm Fenster stehst: vielleicht
    hab ich vor Jahren dich gekannt
    und dir die Schaufel zugereicht
    und hab dich meinen Freund genannt.
    Das ist vorbei. Lang hungert mich.
    Ich tät dein Werk genau so gut.
    Und säh ich auf der Straße dich,
    ich zöge nicht vor dir den Hut.
    Weißt du, Gesell, was Hunger ist?
    Und weißt du’s auch, was gilt es mir!
    Den Karren, der die Erde frißt,
    der Scheit, den Krampen neid ich dir.
    Ich ließ’ dich nicht herein zur Tür;
    du reißt mit jedem neuen Schlag,
    kannst du auch zehnmal nichts dafür,
    mehr als das Pflaster auf vor Tag
    Den tiefen Riß, du schüttest nicht
    solang du lebst, mit nichts ihn zu.
    Am Barren schwingt das rote Licht,
    die fahlen Sterne gehn zur Ruh.
    Ein Zug geht, draußen auf dem Steig
    verhallt der letzte Krampenschlag;
    ans Fenster schlägt ein schwarzer Zweig.
    Mich friert. Es ist noch lang nicht Tag.
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КОМЕНТАРІ • 2

  • @DeutschesFolkArchiv
    @DeutschesFolkArchiv  5 місяців тому

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  • @DeutschesFolkArchiv
    @DeutschesFolkArchiv  5 місяців тому

    Ein Krampenschlag vor Tag (1934)
    Was bin ich nur so jäh erwacht?
    So früh? Es ist noch lang nicht Tag.
    Fahl liegt die Kammer, durch die Nacht
    hallt eines Krampens dumpfer Schlag.
    Vorm Fenster steht ein Mann und schwingt
    den Schaft und bricht das Pflaster auf;
    der scharfe Hauch der Erde dringt
    mit jedem Schlag zu mir herauf.
    Vor Schwäche dreht es mich zur Wand;
    lang ist es her, schon viel zu lang,
    daß auf dem Steig gespreizt ich stand
    bei Nacht und selbst den Krampen schwang.
    Die Funken stoben und wie Wein
    roch scharf der Grund; das ist vorbei.
    Ein andrer lockert Stein um Stein
    und weckt mich vor dem Hahnenschrei.
    Der du vorm Fenster stehst: vielleicht
    hab ich vor Jahren dich gekannt
    und dir die Schaufel zugereicht
    und hab dich meinen Freund genannt.
    Das ist vorbei. Lang hungert mich.
    Ich tät dein Werk genau so gut.
    Und säh ich auf der Straße dich,
    ich zöge nicht vor dir den Hut.
    Weißt du, Gesell, was Hunger ist?
    Und weißt du’s auch, was gilt es mir!
    Den Karren, der die Erde frißt,
    der Scheit, den Krampen neid ich dir.
    Ich ließ’ dich nicht herein zur Tür;
    du reißt mit jedem neuen Schlag,
    kannst du auch zehnmal nichts dafür,
    mehr als das Pflaster auf vor Tag
    Den tiefen Riß, du schüttest nicht
    solang du lebst, mit nichts ihn zu.
    Am Barren schwingt das rote Licht,
    die fahlen Sterne gehn zur Ruh.
    Ein Zug geht, draußen auf dem Steig
    verhallt der letzte Krampenschlag;
    ans Fenster schlägt ein schwarzer Zweig.
    Mich friert. Es ist noch lang nicht Tag.