Appetshofen (DON) Glocken der ev.-luth. Jakobuskirche

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  • Опубліковано 29 чер 2024
  • Eingebettet in die Felder und Fluren des Nördlinger Ries findet sich zwischen Nördlingen und Harburg das kleine Dorf Appetshofen. Im Turm der evangelischen Jakobuskirche in der Ortsmitte verbirgt sich ein ebenso stattliches wie kurioses Geläute, bestehend aus neun Glocken. Mit fünf nebeneinander liegenden Halbtonschritten zählt das Ensemble von Appetshofen zu den eigentümlichsten Geläuten unseres Landes. Aufgrund der beengten Verhältnisse im Turm, der keineswegs für neun Glocken ausgelegt ist, hängen alle Instrumente an gekröpften Jochen. Sind in der Beschreibung des Bistums Augsburg von 1872 noch insgesamt "drei Glocken im Thurme" erwähnt, von denen eine aus dem 16. Jhdt. stammt und die anderen beiden zu den frühen, vom Bochumer Verein gegossenen Stahlglocken zählen, ist heute von diesem Geläutesatz (as' b' c'') keine Glocke mehr erhalten. Nachdem die hist. Bronzeglocke zu Rüstungszwecken eingeschmolzen wurde, befanden sich ab 1942 nur noch die beiden Stahlglocken von 1872 auf dem Turm. Johannes G. Mehl, seinerzeit Glockensachverständiger der Bayerischen Landeskirche und Pfarrer von Appetshofen, war bald nach Kriegsende darum bemüht, ein neues Geläute anzuschaffen und zugleich in der Jakobuskirche eine Musteranlage installieren zu lassen. Die visionären Pläne Mehls sahen dabei ein zwölfstimmiges Geläute mit der einzigartigen Schlagtonfolge a°-e'-g'-a'-ais'-h'-c''-cis''-d''-e''-g''-a'' vor, finanziert ausschließlich über Spenden. Dafür scheute der Pfarrer keine Mühen und konnte einige seiner Gemeindemitglieder überzeugen, je eine Glocke im Gedenken an ihre im Krieg gefallenen Angehörigen zu stiften - nur die beiden kleinsten und die größte Glocke konnten nicht mehr beschafft werden. Bereits 1948 entstand in der Apoldaer Glockengießerei Franz Schilling die Lukasglocke - sie ist das einzige Instrument aus Bronze auf dem Turm. Die acht Stahlglocken wurden schließlich 1949 vom Bochumer Verein in der sog. V-12-Rippe gegossen. Das Ensemble ist dabei als Registriergeläute konzipiert, was bedeutet, dass über das Kirchenjahr hinweg je nach Anlass verschiedenste Geläutekombinationen erklingen, nie aber mehr als sechs Glocken gemeinsam, da sich die Tonfolge aufgrund der charakteristischen, aber sicherlich auch ein wenig chaotischen Halbtonreihung harmonisch nicht für ein Zusammenläuten aller Glocken eignet. So sieht die von Pfr. Mehl mit viel Liebe zum Detail erstellte Läuteordnung für ausgewählte Sonn- und Feiertage im Kirchenjahr sogar eigene, teils recht exotische Kombinationen vor. Stellvertretend seien das Pfingstgeläute in der Tonfolge e' a' h' cis'' d'' e'', das Geläute zum 10. So. n. Trinitatis (Zerstörung Jerusalems) e' g' ais' c'' d'' oder das Tritonus-Geläut zum Auszug der Konfirmation e' g' ais' cis'' e'' angeführt, um die Vielseitigkeit des Ensembles darzustellen. Im Kontrast dazu steht das harmonische Feiertagsgeläute in den Tönen e' g' a' c'' d'' e'', das ausschließlich zum Osterfest sogar noch um eine siebte Glocke (h') erweitert wird. Abschließend gilt für den facettenreichen Appetshöfer Glockenchor lediglich: hinhören, hinnehmen und staunen. Ein solches Geläute findet sich sicherlich kein zweites Mal.
    Gl. 1 | Jakobus | e' | 1505 kg | 1515 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Gl. 2 | Paulus | g' | 910 kg | 1280 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Gl. 3 | Petrus | a' | 605 kg | 1140 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Gl. 4 | Markus | ais' | 510 kg | 1080 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Gl. 5 | Luther | h' | 420 kg | 1010 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Gl. 6 | Lukas | c'' | 315 kg | 780 mm | Franz Schilling & Söhne, Apolda (1948)
    Gl. 7 | Matthäus | cis'' | 310 kg | 900 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Gl. 8 | Jugenddank | d'' | 270 kg | 860 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Gl. 9 | Johannes | e'' | 180 kg | 790 mm | Bochumer Verein f. Gußstahlfabrikationen (1949)
    Erstmals erwähnt wird Appetshofen mitsamt seiner Pfarrkirche St. Jakobus als Abtshof von Ellwangen bereits im Übergang vom 12. zum 13. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammt auch der älteste Teil des Gotteshauses, die unteren Geschosse des spätgotischen Chorturmes mitsamt den Fresken und dem Kreuzrippengewölbe im Inneren der Kirche. Mit der Erhöhung des Turmes um den Oktogon im Jahre 1615 und dem Neubau des Kirchenschiffs ab 1775 erhielt das Gotteshaus schließlich sein heutiges Erscheinungsbild. 1957 errichtete man abschließend einen Verbindungsbau zwischen Kirche und Pfarrhaus.
    Ablauf der Vorstellung:
    00:00 Eindrücke der Kirche, Geläutekombinationen
    02:45 Einzelglocken
    17:45 Vollgeläute (!)
    Herzlichen Dank der emsigen Mesnerin für die freundliche Ermöglichung der Aufnahme und Felix für das gelungene Wochenende.
    Quellen:
    1* Turmbesteigung 11.12.21.; 2* bit.ly/36WLCVE, Stand: 10.04.2022.; 3* Steichele, Anton von: Das Bistum Augsburg, Bd. 3. S.1172-1173.;
    Text, Ton und Bild: Ben Schröder, "Glockenzeit".

КОМЕНТАРІ • 26

  • @glockenzeit
    @glockenzeit  2 роки тому +2

    Auflösung der Motive (- bis)
    - 00:20 a' ais' h' c'' cis'' d'' (Halbtöne)
    - 00:35 e' g' ais' h'
    - 01:00 e' h'' c'' (Buß- und Bettag)
    - 01:20 e' a' h' c'' d'' e'
    - 01:55 e' a' c'' d'' e'' (Letzter So. nach Epiphanias)
    - 02:45 e' a' h' cis'' d'' e (Pfingstgeläute)
    Zur Vorstellung des Appetshöfer Geläutes gehört aufgrund der endlosen Kombinationsmöglichkeiten auch eine Vorstellung einiger Teilgeläute, deren Auswahl allerdings weder repräsentativ sein soll, noch kann.
    Mit diesem einzigartigen Glockenchor einen gesegneten Palmsonntag!

  • @Angelusglocke
    @Angelusglocke 2 роки тому +1

    Sicherlich für manch einen nicht schön, aber meiner Meinung nach ist das schon äußerst beeindruckend. Erinnert mich von der Kuriosität auch sehr an die Michaeliskirche in Lüneburg, wo alle zehn Glocken auch so gut wie nie zusammen läuten.
    Definitiv besonders erhaltenswert! Danke für den Einblick in dieses abgefahrene, geile Geläut. :-)

    • @glockenzeit
      @glockenzeit  2 роки тому +1

      Nicht schön aber selten trifft es hier glaube ich ganz gut. Du schreibst schon richtig, dass es für manch einen nicht schön klingen mag - hier kann man das sicherlich auch niemandem verübeln.
      Aber solche kuriosen Geläute muss es zur Abwechslung auch mal geben, wobei an Klangschönheit sicherlich Lüneburg Appetshofen vorzuziehen ist... ;-)

  • @nurnbergerglockenfreund
    @nurnbergerglockenfreund 2 роки тому +2

    Das Vollgeläut ist natürlich sehr speziell aber trotzdem ist es ein besonders Geläut und das auch die Vielzahl an Kombinationen genutzt wird ist schon toll! In dem Turm würde man vom Ansehen her nicht dieses gewaltige Geläut vermuten wenn man nichts davon wüsste.

  • @martinluther4971
    @martinluther4971 2 роки тому +1

    Sehr hübsch. Das haben wir ja auch schon mal ausführlich läuten lassen (wobeis ein Vollgeläute dort ja bekanntlich nicht gibt bzw. nicht geben soll und die Mesnerin auch Angst hatte, daß dabei der Turm einfällt :-)).
    Mehls "Mesner-Büchlein" mit den Angaben für jeden Sonntag und den entsprechenden Glocken dazu ist wahrlich ein Schatz. Eindrucksvoll wirkten früher die vielen Glockenseile im Chorraum rings um den Hemmeter-Altar mit den Namen der jeweiligen Glocke am Haken.

  • @Niklausglocke
    @Niklausglocke 2 роки тому +1

    Bei diesem Geläut bleiben keine Wünsche offen. Genüsslich zum anhören auch wenn das volle Geläut überhaupt nie zu hören ist. Pfarrer Mehl sei Dank für diese überaus eigenwillige Kombination. Da ich halbtöne sehr mag kann man bei diesem Geläut definitiv nichts falsch machen. Spannend auch das für eine Evangelische Kirche eine solch ausgereifte Läutordnung erarbeitet wurde. :-)

  • @jkoch1385
    @jkoch1385 2 роки тому +1

    Mein lieber Schwan! Toll, toll, toll!

  • @jameshansel7546
    @jameshansel7546 2 роки тому +1

    Those bells sound like they are signaling trouble ahead.

  • @dreikoenigsglocke
    @dreikoenigsglocke 2 роки тому +1

    Dazu fällt mir nur eins ein: Schrecklich geil! ;)

    • @glockenzeit
      @glockenzeit  2 роки тому +1

      Und was soll man da noch groß ergänzen... ;-)

  • @NielsvanderGiessen
    @NielsvanderGiessen 2 роки тому +1

    Einfach: What the fuck! 😅
    Aber hochinteressant...

  • @lucarichard5899
    @lucarichard5899 2 роки тому +1

    Krass, dass man 1949 auf solch eine idee kommt. Eben typisch Glockenpfarrer ; )

    • @glockenzeit
      @glockenzeit  2 роки тому +1

      Nicht ganz alltäglich ist es schon, da hast du Recht...

  • @Bennoglocke
    @Bennoglocke 2 роки тому +1

    Heute stimmt es aber mit dem grainen.
    Oder wie der Bischof heute früh meinte: Da weinen sogar die Steine.

    • @glockenzeit
      @glockenzeit  2 роки тому +1

      Da hast du was verwechselt. Die Steine schrien und wir weinen zum Klang der Appetshöfer Glocken...

    • @Bennoglocke
      @Bennoglocke 2 роки тому +1

      @@glockenzeit genau das meinte ich ja. 🤨

  • @glockenwelt_heiligerbimbam
    @glockenwelt_heiligerbimbam 2 роки тому +1

    Dafür das es Stahlglocken sind klingt das ganze sehr schön

  • @stahlglocke
    @stahlglocke 2 роки тому +1

    Tja. Beeindruckend sicher, aber doch auch voller Mängel. Die kleinen Stahlglocken haben den Begriff "Resonanz" wohl nie gehört, die Bronzeglocke zischt einfach nur herum. Bei den großen Glocken wird es besser, ab ais', die e' bolzt dann aber wieder und wird erst auf dem Rückweg vom Klöppel getroffen. Immerhin sollte man bedenken, dass dieses unvollendete Geläut wohl auch nur mit "billigem" Stahl möglich war. Musikalisch definitiv einzigartig und auch im Vollgeläut sehr beeindruckend, qualitativ aber doch nur durchschnittlich. Schade, dass damals die rekonstruierte UMS nicht gewählt wurde, oder, wie die schwere V7, noch nicht verfügbar war. Hier muss selbst ich, der an und für sich den Bochumer Glocken stets das Wort redende, eher noch mal genau überlegen.

  • @mathisbernardin6168
    @mathisbernardin6168 2 роки тому +2

    Geläuteerweiterung ab 2024 :
    a° c' dis' e' g' a' ais' h' c'' cis'' d'' e'' f'' fis'' g'' a''
    a° : 3600 kg : 2024 : Rincker, Sinn
    c' : 2670 kg : 2024 : Rincker, Sinn
    dis' : 1965 kg : 2024 : Rincker, Sinn
    e' : 1505 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    g' : 910 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    a' : 605 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    ais' : 510 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    h' : 420 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    c'' : 315 kg : 1948 : Franz Schilling & Söhne, Apolda
    cis'' : 310 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    d'' : 270 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    e'' : 180 kg : 1949 : Bochumer Verein, Bochum
    f'' : 155 kg : 2024 : Rincker, Sinn
    fis'' : 130 kg : 2024 : Rincker, Sinn
    g'' : 110 kg : 2024 : Rincker, Sinn
    a'' : 85 kg : 2024 : Rincker, Sinn

    • @Jeugdluider
      @Jeugdluider 2 роки тому +1

      Ah, je vois que la folie de l'expansion des sonneries est de retour en action !

    • @dreikoenigsglocke
      @dreikoenigsglocke 2 роки тому +1

      Was ist bei manchen Leuten falsch ganz ehrlich

    • @Jeugdluider
      @Jeugdluider 2 роки тому +1

      @@dreikoenigsglocke Der ist ja bekannt für seine Erweiterung-Ideen...

    • @Bennoglocke
      @Bennoglocke 2 роки тому +3

      Heute bisserl zu viel Weihrauch bei der Palmprozession abbekommen?

    • @Angelusglocke
      @Angelusglocke 2 роки тому +1

      @@Bennoglocke Bisschen?
      Ich glaube, da atmet einer nicht nur am Palmsonntag zu viel Weihrauch ein...

  • @glocken_lucagans
    @glocken_lucagans 2 роки тому +1

    Was soll man dazu noch sagen, kurioser gehts wohl nicht!