Christof Stählin spielt "Als Herr Tobias E. Fritsche in Wittenberg die Magister-Würde erhielt"

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  • Опубліковано 2 гру 2022
  • #satire #barock #volkslied #laute #akustik #klassik #lyrik #doku #burschenschaft #tradition #wein #vanitas
    Spöttisches Promotionsgedicht im Stil einer gelehrten Beweisführung oder einer Predigt.
    "Als Herr Tobias Ehrenfried Fritsche Anno 1718 in Wittenberg Die Magister-Würde erhielt". Text von Johann Christian Günther (1695-1723). Ausschnitt aus der gleichnamigen SR-Doku "Johann Christian Günther. Leben und Lieder. Biographie des Dichters aus Schlesien". Regie: Brigitte Schroedter. Erstsendung am 21. Januar 1981.
    Text:
    1. Viel Glücks zum neuen Meister-Rechte!
    So kurz erklährt sich unsre Pflicht,
    Die, wie das Buhlrische Geschlechte,
    Mehr wünscht, als sagt, mehr denckt, als spricht,
    Man muß nur mit den Wölffen heulen,
    Und, weils die Mode so befiehlt,
    Dir, Edler Freund, ein Lied ertheilen,
    Es sey auch noch so lahm gespielt.
    2. Dein Violet*, Sophiens** Gabe,
    Erinnert unsern kalten Geist,
    Als ob man zu bedencken habe,
    Was eigentlich Magister heist,
    Fürwahr der grund-gelehrte Tittel
    Bedeutet mehr, als mancher denckt,
    Und ist anietzt ein wohlfeil Mittel,
    Das ungemeinen Vortheil schenckt.
    3. Zum ersten schmückt diß Wort den Nahmen,
    Und ziert ihn, wie den Hund der Schwantz,
    Und wie ein grosser Hecht den Hamen***,
    Und wie in schönes Haupt der Krantz.
    Herr F(ritsche) liesse gar zu seichte.
    M(agister) F(ritsche) klappt und klingt
    So zärtlich als die Ohren-Beichte,
    Die Dorchen in dem Bette singt.
    4. Zum andern hat sich ein Magister
    Des grossen Ranges zu erfreun,
    Wenn Mutter, Schwäger und Geschiwster
    Magister und Magister schreyn.
    Da steht er auf den Treppen-Stuffen,
    So bald der Tisch voll Speisen steht,
    Und harrt und hört sich zehnmal ruffen,
    Weil im das Wort durchs Hertze geht.
    5. Zum dritten sieht er sich verehren,
    Er kommt auch nur wohin er will,
    Da muß er von den Jungfern hören:
    Wie Herr Magister! Wie so still?
    Ach Herr Magister! Sie vexiren;
    Der Herr Magister geh voraus;
    Der Herr Magister wird uns führen;
    Der Herr Magister fällt ins Haus.
    6. Magister kriegen von dem Schreiber
    Schulmeister klappt nicht - mehr Respect;
    Magister finden reichre Weiber,
    Dieweil die Krafft im Titul steckt.
    Was brauchts? Du wirst es selbst erfahren!
    Die heutige Promotion
    Gewähret Deinen jungen Jahren
    Den herrlichsten Magister-Lohn!
    *Violett: Farbe des Magisterhutes der Philosophischen Fakultät
    **Sophia: Weisheit
    ***Hamen: Angelhaken oder Fischreuse
    (Text: Johann Christian Günther; Musik: Robert de Visée (1660-1732). Bourée aus dem "Liure depieces pour la Gvitarre..." Paris 1686; Bearbeitung: Christof Stählin)

КОМЕНТАРІ • 1

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    1. Viel Glücks zum neuen Meister-Rechte!
    So kurz erklährt sich unsre Pflicht,
    Die, wie das Buhlrische Geschlechte,
    Mehr wünscht, als sagt, mehr denckt, als spricht,
    Man muß nur mit den Wölffen heulen,
    Und, weils die Mode so befiehlt,
    Dir, Edler Freund, ein Lied ertheilen,
    Es sey auch noch so lahm gespielt.
    2. Dein Violet*, Sophiens** Gabe,
    Erinnert unsern kalten Geist,
    Als ob man zu bedencken habe,
    Was eigentlich Magister heist,
    Fürwahr der grund-gelehrte Tittel
    Bedeutet mehr, als mancher denckt,
    Und ist anietzt ein wohlfeil Mittel,
    Das ungemeinen Vortheil schenckt.
    3. Zum ersten schmückt diß Wort den Nahmen,
    Und ziert ihn, wie den Hund der Schwantz,
    Und wie ein grosser Hecht den Hamen***,
    Und wie in schönes Haupt der Krantz.
    Herr F(ritsche) liesse gar zu seichte.
    M(agister) F(ritsche) klappt und klingt
    So zärtlich als die Ohren-Beichte,
    Die Dorchen in dem Bette singt.
    4. Zum andern hat sich ein Magister
    Des grossen Ranges zu erfreun,
    Wenn Mutter, Schwäger und Geschiwster
    Magister und Magister schreyn.
    Da steht er auf den Treppen-Stuffen,
    So bald der Tisch voll Speisen steht,
    Und harrt und hört sich zehnmal ruffen,
    Weil im das Wort durchs Hertze geht.
    5. Zum dritten sieht er sich verehren,
    Er kommt auch nur wohin er will,
    Da muß er von den Jungfern hören:
    Wie Herr Magister! Wie so still?
    Ach Herr Magister! Sie vexiren;
    Der Herr Magister geh voraus;
    Der Herr Magister wird uns führen;
    Der Herr Magister fällt ins Haus.
    6. Magister kriegen von dem Schreiber
    Schulmeister klappt nicht - mehr Respect;
    Magister finden reichre Weiber,
    Dieweil die Krafft im Titul steckt.
    Was brauchts? Du wirst es selbst erfahren!
    Die heutige Promotion
    Gewähret Deinen jungen Jahren
    Den herrlichsten Magister-Lohn!
    *Violett: Farbe des Magisterhutes der Philosophischen Fakultät
    **Sophia: Weisheit
    ***Hamen: Angelhaken oder Fischreuse
    (Text: Johann Christian Günther; Musik: Robert de Visée (1660-1732). Bourée aus dem "Liure depieces pour la Gvitarre..." Paris 1686; Bearbeitung: Christof Stählin)