RAINER MARIA RILKE - DIE ERSTE DUINESER ELEGIE

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  • Опубліковано 22 гру 2024

КОМЕНТАРІ •

  • @mohammadkangarani2286
    @mohammadkangarani2286 10 місяців тому +2

    Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel
    Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
    einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem
    stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
    als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
    und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
    uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.
    Und so verhalt ich mich denn und verschlucke den Lockruf
    dunkelen Schluchzens. Ach, wen vermögen
    wir denn zu brauchen? Engel nicht, Menschen nicht,
    und die findigen Tiere merken es schon,
    daß wir nicht sehr verläßlich zu Haus sind
    in der gedeuteten Welt. Es bleibt uns vielleicht
    irgend ein Baum an dem Abhang, daß wir ihn täglich
    wiedersähen; es bleibt uns die Straße von gestern
    und das verzogene Treusein einer Gewohnheit,
    der es bei uns gefiel, und so blieb sie und ging nicht.
    O und die Nacht, die Nacht, wenn der Wind voller Weltraum
    uns am Angesicht zehrt -, wem bliebe sie nicht, die ersehnte,
    sanft enttäuschende, welche dem einzelnen Herzen
    mühsam bevorsteht. Ist sie den Liebenden leichter?
    Ach, sie verdecken sich nur miteinander ihr Los.
    Weißt du’s noch nicht? Wirf aus den Armen die Leere
    zu den Räumen hinzu, die wir atmen; vielleicht daß die Vögel
    die erweiterte Luft fühlen mit innigerm Flug.
    Ja, die Frühlinge brauchten dich wohl. Es muteten manche
    Sterne dir zu, daß du sie spürtest. Es hob
    sich eine Woge heran im Vergangenen, oder
    da du vorüberkamst am geöffneten Fenster,
    gab eine Geige sich hin. Das alles war Auftrag.
    Aber bewältigtest du’s? Warst du nicht immer
    noch von Erwartung zerstreut, als kündigte alles
    eine Geliebte dir an? (Wo willst du sie bergen,
    da doch die großen fremden Gedanken bei dir
    aus und ein gehn und öfters bleiben bei Nacht.)
    Sehnt es dich aber, so singe die Liebenden; lange
    noch nicht unsterblich genug ist ihr berühmtes Gefühl.
    Jene, du neidest sie fast, Verlassenen, die du
    so viel liebender fandst als die Gestillten. Beginn
    immer von neuem die nie zu erreichende Preisung;
    denk: es erhält sich der Held, selbst der Untergang war ihm
    nur ein Vorwand, zu sein: seine letzte Geburt.
    Aber die Liebenden nimmt die erschöpfte Natur
    in sich zurück, als wären nicht zweimal die Kräfte,
    dieses zu leisten. Hast du der Gaspara Stampa
    denn genügend gedacht, daß irgend ein Mädchen,
    dem der Geliebte entging, am gesteigerten Beispiel
    dieser Liebenden fühlt: daß ich würde wie sie?
    Sollen nicht endlich uns diese ältesten Schmerzen
    fruchtbarer werden? Ist es nicht Zeit, daß wir liebend
    uns vom Geliebten befrein und es bebend bestehn:
    wie der Pfeil die Sehne besteht, um gesammelt im Absprung
    mehr zu sein als er selbst. Denn Bleiben ist nirgends.
    Stimmen, Stimmen. Höre, mein Herz, wie sonst nur
    Heilige hörten: daß sie der riesige Ruf
    aufhob vom Boden; sie aber knieten,
    Unmögliche, weiter und achtetens nicht:
    So waren sie hörend. Nicht, daß du Gottes ertrügest
    die Stimme, bei weitem. Aber das Wehende höre,
    die ununterbrochene Nachricht, die aus Stille sich bildet.
    Es rauscht jetzt von jenen jungen Toten zu dir.
    Wo immer du eintratst, redete nicht in Kirchen
    zu Rom und Neapel ruhig ihr Schicksal dich an?
    Oder es trug eine Inschrift sich erhaben dir auf,
    wie neulich die Tafel in Santa Maria Formosa.
    Was sie mir wollen? leise soll ich des Unrechts
    Anschein abtun, der ihrer Geister
    reine Bewegung manchmal ein wenig behindert.
    Freilich ist es seltsam, die Erde nicht mehr zu bewohnen,
    kaum erlernte Gebräuche nicht mehr zu üben,
    Rosen, und andern eigens versprechenden Dingen
    nicht die Bedeutung menschlicher Zukunft zu geben;
    das, was man war in unendlich ängstlichen Händen,
    nicht mehr zu sein, und selbst den eigenen Namen
    wegzulassen wie ein zerbrochenes Spielzeug.
    Seltsam, die Wünsche nicht weiterzuwünschen. Seltsam,
    alles, was sich bezog, so lose im Raume
    flattern zu sehen. Und das Totsein ist mühsam
    und voller Nachholn, daß man allmählich ein wenig
    Ewigkeit spürt. - Aber Lebendige machen
    alle den Fehler, daß sie zu stark unterscheiden.
    Engel (sagt man) wüßten oft nicht, ob sie unter
    Lebenden gehn oder Toten. Die ewige Strömung
    reißt durch beide Bereiche alle Alter
    immer mit sich und übertönt sie in beiden.
    Schließlich brauchen sie uns nicht mehr, die Früheentrückten,
    man entwöhnt sich des Irdischen sanft, wie man den Brüsten
    milde der Mutter entwächst. Aber wir, die so große
    Geheimnisse brauchen, denen aus Trauer so oft
    seliger Fortschritt entspringt -: könnten wir sein ohne sie?
    Ist die Sage umsonst, daß einst in der Klage um Linos
    wagende erste Musik dürre Erstarrung durchdrang;
    daß erst im erschrockenen Raum, dem ein beinah göttlicher Jüngling
    plötzlich für immer enttrat, das Leere in jene
    Schwingung geriet, die uns jetzt hinreißt und tröstet und hilft.

  • @hanni6225
    @hanni6225 3 роки тому +1

    Wie tief Rilke in die SEELE 🦋 schaute ! 🌹
    Tief berührend ! !
    DANKE

  • @LetitiaLuca1990
    @LetitiaLuca1990 5 років тому +1

    ...eine sinnliche Frage des eigenen Daseins...mit einem Gefühl von innere Leere und die Einsamkeit des Menschen. ❤lichen Dank!

  • @corneliamueller1041
    @corneliamueller1041 5 років тому +1

    "... die jetzt hinreißt und tröstet und hilft," das bleibt ... und es ist wunderschön. Lieben Dank für die schöne Rezitation, für die eindrucksvolle Aufnahme !

  • @gertrudlettau2498
    @gertrudlettau2498 6 місяців тому

  • @azraaybars3711
    @azraaybars3711 4 роки тому +1

    Danke 🙏

  • @hannamaria4392
    @hannamaria4392 2 місяці тому

    sehr scgön Manfred