Sexualisierte Gewalt ist eine Sache der ganzen Gesellschaft. Unsere Arbeit hat erst begonnen.

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  • Опубліковано 16 жов 2024
  • Sexualisierte Gewalt gehört zum Schlimmsten, was man einem Menschen antun kann.
    Viele sind für ihr Leben gezeichnet, finden oft erst spät den Weg, zu berichten, was geschehen ist.
    Die Taten sind dann verjährt, der Täter vielleicht sogar verstorben.
    Und dann? - Dann bleibt Aufarbeitung.
    Staatliche Aufsicht hat allzu oft versagt, und auch deshalb sind wir, sind wir den Betroffenen Aufarbeitung schuldig.
    Für die Aufarbeitung vieler Fälle rennt uns die Zeit davon.
    Wir müssen sicherstellen, dass Betroffene zu ihrem Recht kommen.
    Sie haben ein Recht auf Aufarbeitung - nicht jedoch oder kaum nach diesem Gesetzentwurf.
    Ja, der vorliegende Gesetzentwurf ist wieder ein guter Schritt nach vorn, aber er löst natürlich nicht alle Fragen.
    Betroffene beklagen vor allem Intransparenz, ins Belieben gestellte Prozesse, mangelnde Anerkennung und Entschädigungen,
    dass sie sich erneut ausgeliefert fühlen.
    Um es klar zu sagen:
    Nur durch eigene Vergangenheitsbewältigung können Lernen und Kulturwandel stattfinden.
    Die Institutionen müssen selbst ran, auch und gerade, wenn es quälend ist.
    Aber ob und wie Aufarbeitung stattfindet, das kann ihnen nicht freigestellt werden.
    Es braucht einen verbindlichen Rahmen, Kriterien, Standards.
    Diesen Rahmen müssen wir setzen und auch durchsetzen, wo er verletzt wird.
    Im Gesetzentwurf ist das bislang nicht angelegt.
    Die Institutionen auf Bundesebene, auch der Betroffenenrat, werden durch ihre gesetzliche Verankerung deutlich gestärkt.
    Das ist sehr gut.
    Ich wünsche mir, dass vergleichbare Strukturen überall, auch in den Bundesländern, existieren.
    Die Einführung einer Berichtspflicht wird für mehr Öffentlichkeit sorgen; das ist bereits gesagt worden.
    Ich halte allerdings einen Bericht pro Legislaturperiode für zu wenig.
    Die Stärke von Institutionen ergibt sich daraus, wie sie aufgehängt sind, welche Ressourcen sie haben,
    wie genau ihre Aufgaben und Kompetenzen beschrieben sind.
    Darüber wird zu reden sein.
    Ein Beispiel: Nehmen wir an, eine Institution, sei es eine Religionsgemeinschaft oder ein Sportverein, sagt:
    Nein, bei uns kommt so etwas nicht vor.
    Es gibt aber Berichte von Betroffenen, die das Gegenteil sagen.
    Was passiert dann?
    Ich wünsche mir eine Aufarbeitungskommission mit einem Initiativrecht,
    die Aufarbeitungsprozesse in gesellschaftlichen Bereichen anstoßen und in letzter Konsequenz auch durchsetzen kann.
    Des Weiteren: Wir warten gerade auf eine deutschlandweite Dunkelfeldstudie.
    Großartig, dass sie kommt.
    Wir müssen wissen, wo wir wirklich stehen, auch um die Erfolge unserer Präventionsarbeit messen zu können.
    Dort, im Bereich Prävention, passiert unstreitig viel;
    allerdings wird zu wenig geschaut, was das alles wirklich bringt und wie es noch verbessert werden kann.
    Auch dazu braucht es mehr Forschung.
    Neben dem Betroffenenrat müssen wir die Selbstorganisation der Betroffenen weiter stärken.
    Sie müssen auf Augenhöhe mit Institutionen und der Politik in Dialog treten können.
    Aufarbeitung kann nur mit den Betroffenen gelingen.
    Was es letztlich braucht, ist eine nationale Strategie gegen sexualisierte Gewalt.
    Wir können nicht gutmachen, was in der Vergangenheit war, aber wir können das, was geschehen ist, sehen und anerkennen.
    Ein starkes Zeichen der Anerkennung wäre die Errichtung einer Bundesstiftung für die Opfer sexualisierter Gewalt mit einer Ombudsstelle für Streitfälle - dort,
    wo sich die Dinge in den Institutionen verhaken -,
    über die endlich Entschädigung für alle Betroffenen aus allen Bereichen nach gleichen Maßstäben geregelt werden kann.
    Und an dem Tag ihrer Errichtung findet eine Gedenkstunde im Deutschen Bundestag statt,
    bei der nicht wir reden, sondern Betroffene zu Wort kommen.
    Das wäre eine gute Sache.
    Sexualisierte Gewalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine Sache der ganzen Gesellschaft.
    Unsere Arbeit hat erst begonnen.

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