06:21 sehr schön formuliert, haha. Wunderbare Sendung. Ich habe kürzlich das Buch "Erinnerungen: Joseph Roths Flucht und Ende" von Soma Morgenstern (ein Jugendfreund Roths, der ihm auf dessen Drängen ins Pariser Exil nachfolgte und vom Frühjahr 1938 bis zu Roths Tod Ende Mai '39 im selben Hotel wohnte) gelesen. Ein grosser Teil des Buches ist diesem letzten Jahr gewidmet, sehr berührend erzählt Morgenstern vom körperlichen Verfall seines Freundes und wie er mitansehen musste wie sich Roth zu Tode soff, er beschreibt Roths Schmerz über die verlorene Heimat, seine innere Zerissenheit aber auch wie er seinem Freund dessen Lügen, Übertreibungen und Ausfälle im Suff oft nur schwer nachzusehen vermochte. Er erzählt etwa wie er Roth eines Nachts zweimal ohrfeigte, nachdem er erfahren hatte, dass Roth gegenüber einem anderen Emigranten behauptet hatte er wäre ja nur Halbjude. Er hatte seinen Vater verleugnet und behauptet, ein österreichischer Offizier sei in Wahrheit sein Vater und Morgenstern konnte es kaum fassen, dass Roth imstande war seine eigene Mutter als "Soldatenliebchen" darzustellen. Die Schilderungen von Roths illustrer Entourage sind sehr interessant, insbesondere von seinem närrischen monarchistischen Freundeskreis wie Morgenstern sich ausdrückte. Und Roth war tatsächlich ein Meisterschnorrer. Er pflegte sich bei Freunden und Verlegern zu beklagen, wieviele ihm nahestehende Menschen finanziell von ihm abhängig seien. In seiner Aufzählung begann er stets mit seiner "kranken unglücklichen Frau", obschon diese in Wahrheit einen unentgeltlichen Pflegeplatz in der Landespflegeanstalt hatte. Morgenstern schreibt, dass Roth seit Anfang der Zwanziger Jahre durchgehend von Vorschüssen lebte. Allein die Frankfurter Zeitung finanzierte Roth über eine Dekade, Redakteure und Verleger hatten eine so hohe Meinung von Roths Talent, dass ihm seine Schulden stets wieder erlassen wurden und einfach ein neues Vorschusskonto eröffnet wurde. Irgendwann riss der Zeitung dann doch die Geduld und Roth wechselte zur nächsten Zeitung und das Spiel ging von vorne los. Wenn es ganz eng wurde hat Roth auch schon mal ein und dasselbe Manuskript an zwei Verleger verkauft. Wenn er Geld hatte verjubelte er es. Morgenstern beschreibt eine sehr komische Episode im Pariser Exil, Roth hatte eben 1000 franz. Francs erhalten und am nächsten Tag war er pleite (mit 1000 FF lebte Morgenstern einen Monat!). An Roths Beerdigung kondolierten Morgenstern einige Trauergäste mit einer Bemerkung die ihn stutzig machte. Er erfuhr dann, dass Roth über ein Jahr monatliche Geldbeträge von diesen Leuten erhalten hatte, Geld welches gespendet worden war um zu helfen "Soma Morgenstern in Paris zu erhalten". Roth hatte dies alles eingesteckt und Morgenstern schreibt es sei das erste Mal dass er nach Roths Tod wieder gelacht habe. Unbändig gelacht.
Sehr geehrter Herr Spengler, ihr Videos und Besprechungen sind sehr gut und informativ, nur eine Frage habe ich an sie warum haben sie keine Besprechung über Theodor Strom gemacht?
Wunderbar, daß es noch solche Sendungen gibt! Herzlichen Dank!
06:21 sehr schön formuliert, haha. Wunderbare Sendung. Ich habe kürzlich das Buch "Erinnerungen: Joseph Roths Flucht und Ende" von Soma Morgenstern (ein Jugendfreund Roths, der ihm auf dessen Drängen ins Pariser Exil nachfolgte und vom Frühjahr 1938 bis zu Roths Tod Ende Mai '39 im selben Hotel wohnte) gelesen. Ein grosser Teil des Buches ist diesem letzten Jahr gewidmet, sehr berührend erzählt Morgenstern vom körperlichen Verfall seines Freundes und wie er mitansehen musste wie sich Roth zu Tode soff, er beschreibt Roths Schmerz über die verlorene Heimat, seine innere Zerissenheit aber auch wie er seinem Freund dessen Lügen, Übertreibungen und Ausfälle im Suff oft nur schwer nachzusehen vermochte. Er erzählt etwa wie er Roth eines Nachts zweimal ohrfeigte, nachdem er erfahren hatte, dass Roth gegenüber einem anderen Emigranten behauptet hatte er wäre ja nur Halbjude. Er hatte seinen Vater verleugnet und behauptet, ein österreichischer Offizier sei in Wahrheit sein Vater und Morgenstern konnte es kaum fassen, dass Roth imstande war seine eigene Mutter als "Soldatenliebchen" darzustellen. Die Schilderungen von Roths illustrer Entourage sind sehr interessant, insbesondere von seinem närrischen monarchistischen Freundeskreis wie Morgenstern sich ausdrückte. Und Roth war tatsächlich ein Meisterschnorrer. Er pflegte sich bei Freunden und Verlegern zu beklagen, wieviele ihm nahestehende Menschen finanziell von ihm abhängig seien. In seiner Aufzählung begann er stets mit seiner "kranken unglücklichen Frau", obschon diese in Wahrheit einen unentgeltlichen Pflegeplatz in der Landespflegeanstalt hatte. Morgenstern schreibt, dass Roth seit Anfang der Zwanziger Jahre durchgehend von Vorschüssen lebte. Allein die Frankfurter Zeitung finanzierte Roth über eine Dekade, Redakteure und Verleger hatten eine so hohe Meinung von Roths Talent, dass ihm seine Schulden stets wieder erlassen wurden und einfach ein neues Vorschusskonto eröffnet wurde. Irgendwann riss der Zeitung dann doch die Geduld und Roth wechselte zur nächsten Zeitung und das Spiel ging von vorne los. Wenn es ganz eng wurde hat Roth auch schon mal ein und dasselbe Manuskript an zwei Verleger verkauft. Wenn er Geld hatte verjubelte er es. Morgenstern beschreibt eine sehr komische Episode im Pariser Exil, Roth hatte eben 1000 franz. Francs erhalten und am nächsten Tag war er pleite (mit 1000 FF lebte Morgenstern einen Monat!). An Roths Beerdigung kondolierten Morgenstern einige Trauergäste mit einer Bemerkung die ihn stutzig machte. Er erfuhr dann, dass Roth über ein Jahr monatliche Geldbeträge von diesen Leuten erhalten hatte, Geld welches gespendet worden war um zu helfen "Soma Morgenstern in Paris zu erhalten". Roth hatte dies alles eingesteckt und Morgenstern schreibt es sei das erste Mal dass er nach Roths Tod wieder gelacht habe. Unbändig gelacht.
Vielen Dank für diese wertvolle Ergänzung.
Vielen Dank für die Doku über Joseph Roth.
Sehr geehrter Herr Spengler, ihr Videos und Besprechungen sind sehr gut und informativ, nur eine Frage habe ich an sie warum haben sie keine Besprechung über Theodor Strom gemacht?
Lese gerade den Radetzkymarsch. In der Tat: wundersam ergreifend.
Diesem Tilmann Spengler kann man stundenlang zuhören. Wahrscheinlich sogar, wenn er aus dem Telefonbuch vorliest.
Nun fehlt noch etwas Vergleichbares für den Übergang vom analogen Zeitalter zum digitalen. Denn das ist auch ein sehr dramatischer Vorgang!
👌🌺
UNGLAUBLICH SPANNEND !!
Deutsche Bühnen Bildner...noch mit 3 Promille leicht erkennbar...