Ein Millimeter Krume ist blickdicht / Müllkippen in Jena / Umweltpädagogik Mitteldeutschland

Im Frühjahr und Sommer 2022 begann eine lose Initiative von Interessierten, eine größere Müllkippe an der Stadtrodaer Straße in Jena zu beräumen. Bei solchen Beräumungen tritt ein starker Effekt auf: Man verändert während des Arbeitens die Wahrnehmung auf die Umwelt und wird gewahr, dass viele Müllorte eigentlich augeprägte Kippenkörper sind, oft mehrere Meter mächtig und über hunderte Quadratmeter verteilt, und dass bei der Wegnahme oberflächiger großer Teile das vielteilige Darunter sichtbar wird. Ein endloser Berg aus Müll, auf dem Pflanzen wachsen und in den mitunter sogar Tiere Unterschlupf finden und Baue anlegen. Es ist Kulturlandschaft in Reinform und lange kein Einzelfall. Die rund 100.000 Altablagerungen in Deutschland werden i.d.R. übersehen und nicht mehr wahrgenommen. In Thüringen sind es zig tausend, vielleicht sogar über 20.000 Abfall- und Altlastenorte. Viele sind unvollständig, unrichtig oder gar nicht im Altlasteninformationssystem verzeichnet.
Leider droht im August 2022 eine Verringerung der Umweltinformationen für die Öffentlichkeit. Ist man auf der einen Seite schon seit 20 Jahren von standardisierten, typisierten und ikonisierten Naturbildern umgeben, soll nun verboten werden, dass man als Bürger Akteneinsicht in Umweltdaten nehmen kann, wenn man keine Genehmigung des Grundstückseigentümers beibringt. Denn dies ist eigentlich unmöglich. Damit erreicht man also, dass Umweltdaten wieder genauso unter Verschluss gehalten werden wie in der DDR-Zeit, vielleicht nicht ganz so streng. Aber veranschaulichen Sie sich, welche Situationen heute vorkommen: Es gibt Altlasten, denen gutachterlich nachgewiesen ist, dass ihre Inhaltsstoffe in den Untergrund austreten. Darüber wird nicht berichtet. Berichtet wird aber in positiven Worten und Bildern, dass auf der "Wiese" darüber - es wird noch nicht das Wort "Altlast" erwähnt - Ausgleichsmaßnahmen stattfinden. Dies ist oft Realität in der Kulturlandschaft von Industriestädten. Selbst Naturschutzgebiete werden oft in Gebieten gewidmet, die ökonomisch benachteiligt sind, sprich: Altlasten oder Altlastenverdachte aufweisen. Ein Millimeter Krume ist blickdicht.
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[@justins.6569]

Solange dort Asbest zu finden ist, wird das wohl leider jedem zu teuer sein