Hermeneutik zu J: S. Bach: Feature 1 / 12: Pièce d'Orgue BWV 572

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  • Опубліковано 22 гру 2024
  • Christoph Bossert gibt in 16 Lehrvideos eine Einführung zu seiner Sicht auf Bachs musikalisches Denken. Dass für Bach das Wort der Heiligen Schrift Grundlage seiner Kompositionsart ist, hält Bossert für unstrittig. Das Bibelwort enthält vielfältigste Bezüge zu Zahlen und deren Symbolik. Nach lebenslanger Forschungsarbeit geht Bossert davon aus, dass ein Dreiklang aus Wort, Musik und Zahl daher in Bachs Kompositionsart eine unauflösliche Einheit bildet.
    Persönliche Anmerkung:
    Wenn mir zu derartigen Ausführungen in den vergangenen Jahrzehnten Kritik widerfuhr, dann wurde mir, soweit ich sehe, in der Sache kein Irrtum nachgewiesen, sondern die Kritik war positivistisch motiviert und zielte auf den Mangel an faktischen Beweisen - die es freilich im Feld musikalischer Analyse und der Frage nach Sinnstiftung höchstens ausnahmsweise geben kann - oder sie war allgemeiner, pauschaler Art und leider allzu oft polemisch.
    "....und wissen Sie, was Sie am Ende mit ihrer Analyse tun: Sie töten die Musik!"
    Plausibel und sachlich begründete Kritik ist mir als Basis für einen Diskurs willkommen. Doch muß in diesem Diskurs Gerechtigkeit herrschen: Wenn ich meine Dinge darlege, möchte ich davon ausgehen können, dass man sich den zugrunde liegenden Notentext vergegenwärtigt und sich auf dieser Basis Zeit genommen hat, um sich die Herausforderungen solcher Texte zu vergegenwärtigen. Genau dies, nämlich die Vergegenwärtigung von textbasierter Herausforderung, führte mich auf jene Pfade, die mich methodisch zum Junktim aus
    a) musikalischer Analyse
    und
    b) Fragen der Sinnstiftung
    gelangen ließen.
    Wie kann ich dann dem Vorwurf begegnen, ich würde nun mein Denken in den jeweiligen Gegenstand hineininterpretieren und Bach - oder wer auch immer - sei dafür meine Projektionsfläche?
    Meine Antwort hierzu richte ich - pars pro toto - an Beispielebenen aus und meine Antwort gliedert sich in drei Teile:
    1) Bitte prüfen Sie anhand meiner Ausführungen zu Bachs erstem großen kompositorischen Kompendium, das die Musikwissenschaft Choräle von Johann Sebastian Bach aus der Neumeister-Sammlung nennt - ich nenne sie 36 Choräle - die Methodik und die musikalische Substanz meiner Argumentation und bitte prüfen Sie, auf welche Weise ich auf Basis dessen zu theologischen Aussagen komme.
    2) Bitte prüfen Sie anhand einiger Kurzfeatures, ob auch Sie meiner Darlegung eines musikalischen Zusammenhangs zwischen Stücken aus den 36 Chorälen und Stücken aus Teil 1 von Bachs Werk Das Wohltemperirte Clavier folgen können und ob daraus für Sie Zustimmung erwachsen kann.
    3) Mir ist innerhalb von Teil 1 in Bachs Das Wohltemperirte Clavier die Fuga a-Moll zu einem maximalen Zentralstück geworden. Bitte prüfen Sie, welche Aussagen ich darin zu den Takten 59 (Alt) und Takt 62 (Diskant) mache und vollziehen Sie für sich nach, welche Besonderheit darin der Verlauf im Alt ab Takt 58 zeitigt. Vielleicht können Sie mir aufgrund der Anschauung, die S i e dazu gewonnen haben, dann zustimmen, wenn ich das, was dort vorliegt, methodisch als eine Herausforderung begreife. Vielleicht können Sie mir auch zustimmen, wenn ich in Folge dessen zu Folgerungen vom Grundsatz her vordringe. Und vielleicht können Sie mir auch darin folgen, dass daraus für mich auf phänomenologischer Basis - also durch Beobachtung gewonnene - Weiterführungen bis hin zur Kunst der Fuge möglich werden. Dies führt mich dann insbesondere zur Wahrnehmung von Regelbrüchen in Bachs Komponieren. In diesen Regelbrüchen erkenne ich kompositorische Absicht und nenne sie daher Herausforderungen. Dies zieht wieder Fragen des Warum als Fragen der Sinnstiftung und der Sinnermittlung nach sich. Daraus resultieren Fragen nach der Motivation des Komponisten in Wechselwirkung zum Erkenntnisvermögen des Betrachters. Genau hier sind wir dann im Feld der Hermeneutik angelangt.
    Einmal gab mir ein befreundeter Musikwissenschaftler der Hinweis, ich würde oft sehr apodiktisch argumentieren. Er riet mir, ich soll es deutlicher als meine Meinung kennzeichnen. Dieser Hinweis ist mir wertvoll, doch wie soll ich ihn umsetzen...könnte...sollte...müsste...?
    Zu den Filmen können Sie gerne Ihre Meinung artikulieren - darüber freuen wir uns!
    Schreiben Sie uns bitte per Mail: dvvlio@innovation-orgellehre.digital
    Im Rahmen von DVVLIO werden wir auch ein Diskussionsforum anbieten. Wir freuen uns, wenn Sie sich daran beteiligen und laden Sie herzlich dazu ein!
    Bleiben Sie uns auf den Versen!
    Haec si contingunt quae gaudia coelis
    !
    Noten: Eigentum der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz; Mus.ms.Bach P 288, Public domain 1.0

КОМЕНТАРІ • 16

  • @voegelein1
    @voegelein1 Рік тому +1

    Ich lerne so viel von Ihnen, Herr Professor Bossert. Vielen Dank dafür.

  • @TomaszWalczakHarmonium
    @TomaszWalczakHarmonium Рік тому +2

    Wunderbares Kanal, grundsätzliche Klärung zum richtigen Verständniss des Werkes

  • @1962ogni
    @1962ogni Рік тому +1

    Vielen Dank für die sehr tiefen Einblicke und es macht deutlich mit welch wunderbarer Musik Bach uns beschenkt hat!

  • @monsieurgrigny
    @monsieurgrigny Рік тому +2

    This is a really wonderful exegesis of one of my favourite Bach organ works. Truly a sermon in sound. Thank you so much!

  • @johannesmalusiker7419
    @johannesmalusiker7419 Рік тому

    Sehr hilfreiche Gedanken, die Bezüge zu den anderen zitierten Werke überzeugend - ich muss meine Entscheidung für ein, quasi rhapsodisches, Pleno in Teil III überdenken!

  • @d.him.2352
    @d.him.2352 Рік тому

    Welch großartiger Zugang! Gerade in der fehlenden "Beweisbarkeit" dieser hermeneutischen Argumentation entfaltet sich ein künstlerischer (hier auch sinnhafter/theologischer) Zugang, der mich persönlich absolut überzeugt.

    • @christophbossert6105
      @christophbossert6105  Рік тому

      Das freut mich - vielen Dank

    • @d.him.2352
      @d.him.2352 Рік тому

      Gern denke ich an meine Studienzeit bei Ihnen zurück.(Abschluss Sommer 2006, Daniel Schw.) Ich freue mich darauf, Sie mit meiner Familie am 11.07. im Freiburger Münster zu hören und zu sehen.

  • @oelizardini
    @oelizardini Рік тому

    Diese Deutung macht wirklich Sinn - musikalisch und theologisch, auch zeitgeschichtlich. Als Ergänzung dazu sollte man noch das Praeludium zu BWV 535 in Betracht ziehen, in dem Bach den dritten Teil des Piéce d’Orgue bereits strukturell vorbereitet. Deine Registrierungsvorschläge lassen sich auf das absteigende Laufwerk mit abschließender Apotheose problemlos übertragen.

    • @christophbossert6105
      @christophbossert6105  10 місяців тому

      @oelizardini
      Ja! Unbedingt gehört BWV 535 in den Kontext von Teil 3 des Piéce dÒrgue: Auch hier wird [T. 19ff] der chromatische Raum in toto anhand absteigender gravitätischer Bassschritte und oszillierendem Diskant durchmessen. Gemeinsam ist auch das Momentum der 'Seufzerfigur' mit vermutetem Urbild in: 36 Choräle, Nr. 32 'Alle Menschen', Epilog [Sign.: 'Schaue solche Freude an']. 'Registrieridee für BWV 535: Neue abgedeckte Farbe ab Takt 19 mit Echomanier. Die Echomanier endet in Takt 31 [ab fis...]. Dann könnte ab T. 32 die Rückkehr zur brillanten Registrierung erfolgen, wie sie zuvor bis T. 18 erklang.
      In Katabasis-Momenten von Orgelwerken z.B. im Schlussteil der Toccata F-Dur oder der Tripel-Fuga Es-Dur kommt dann die Idee des 'Et iterum venturus est cum gloria' zum Tragen: daraus:
      a) Sign. 'Schaue solche Freude an' gemäß 36 Choräle, Epilog in Nr. 32; daraus
      b) Die Trugschlüsse in Toccata F-Dur spiegeln das 'Judicare vivos et mortuos' wieder.
      Die Idee der Katabasis ist dann hermeneutisch-semantisch: Die Meditation der Todesstunde und des Todesdunkels verknüpft sich mit der Meditation der Wiederkunft Jesu am Jüngsten Tage und der Auferweckung der Toten zum ewigen Leben.
      Vorgriff auf "Hermeneutik zu Bach" ( siehe Inhalte - Hermeneutik zu Bach / homepage DVVLIO
      innovation-orgellehre.digital ):
      THESE: Die umfassendste Dimensionierung der Katabasis-Idee erfolgt in der Progression der Tonarten
      A-a-g-F-e-d / d-c-h der 'Engelischen Suiten' [der 'Engelischen Suiten'!] im Übergang zu den 'Französischen Suiten'.
      Dazu (1): Kein claviertes Werkganzes Bachs umfasst mehr Takte - nämlich 3973 Takte - als die 'Engelischen Suiten'.
      Dazu (2): Hier liegt Bachs umfassendes Symbolum eines letztmaligen Übertritts der Welt des Himmels in die irdische Welt - um dann in den 'Französischen Suiten 4, 5, 6' anhand der Tonarten Es, G, E die Auferstehung der Toten zu verkünden. Wie kann ich dies begründen?
      Wurzel für die Tonfolge es-g-e = es-g-fes = dis-fisis-e etc. ist:
      f'-gis-e als Bruchpunkt in Fuga a-Moll [WK I] und - daraus hervorgehend - Regelbruch in der 118ten Halben der Fg a im Verlauf des 22sten Themenauftritts führt zu Ps. 118, 22 [Siehe Hermeneutik zu Bach, Feature 6].
      Zu f'-gis-e ['sterben müssen'; siehe: Actus tragicus] ist es-g-e [...] die Umkehrung [...bis du auferstehst zu deinem Erbteil am Ende der Tage; siehe Dan. 12, 12 und 13].

    • @oelizardini
      @oelizardini 10 місяців тому

      Ob man den Bach mit soviel Arithmetik angereichert noch in musikantischer Weise zu interpretieren vermag, bleibt dahingestellt….