Wie sieht es bei der Wertermittlung von zu Lebenszeit durch Schenkung übertragenen Grundstücken aus? Wird dort der Verkehrswert, oder der Bodenrichtwert angesetzt?
Sofern es zu *Differenzen zwischen dem/den Erben und Pflichtteilsberechtigten und/oder Pflichtteilsausgleichungsberechtigten* über den Wert eines Grundstücks kommt, ist ein Wertgutachten eines Gutachters die richtige Handlungsalternative (§ 2314 Abs. 1 BGB). Der Fall, dass zu Lebzeiten ein Grundstück schenkweise übertragen wird, kann zu den o.g. Pflichtteilsergänzungsansprüchen führen. Wenn es um den Verkehrswert eines Grundstücks geht, kommen im Wesentlichen drei Verfahrensarten ins Spiel: Vergleichswertverfahren (i.d.R.: Eigentumswohnungen, Ein-, Zweifamilienhäuser), Ertragswertverfahren (i.d.R.: Mietwohnungen, Geschäftsgrundstücke) oder Sachwertverfahren (meist bei Eigennutzung, wenn keine anderen Maßstäbe zur Verfügung stehen). Seit 2023 wird bei dem Gebäudewert noch ein Regionalfaktor addiert, (der Regionalfaktor wird vom lokalen Gutachterausschuss ermittelt). Diese Maßstäbe gelten unabhängig davon, ob es sich um einen Erwerb unter Lebenden handelt (= Schenkung) oder von Todes wegen (= Erbschaft). Bei den Bewertungsmethoden wird der Bodenrichtwert jeweils als eine maßgebliche Komponente mit einbezogen. In Bezug auf evtl. Steuerbelastung im Rahmen der Erb-/Schenkungsteuer kann sich ein Abschlag von 10 % bei *Mietobjekten* positiv bemerkbar machen. Geht es um den Konflikt mit dem *Finanzamt* , kann es sinnvoll sein, statt auf die Wertermittlung durch das Finanzamt auf einen - am besten vereidigten - Gutachter zu setzen. Ich weise ergänzend darauf hin, dass eine Art von Ausgleichspflicht im Falle der Schenkung nicht besteht, da der Erblasser eben noch nicht verstorben ist; für den Fall, das der Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen eben dieser Schenkung nach dem Todesfall geltend gemacht wird, weise sich auf die *Abschmelzungsregelung* hin (§ 2325 Abs. 3 BGB). Wenn Sie zu diesen Fragen weitere Details erfahren möchten, empfehle ich Ihnen eine fachkundige Beratung, da es hier nicht möglich ist, alle Fragen der Immobilienwertermittlungsverordnung darzustellen. Den Text dazu finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de/immowertv_2022/index.html#BJNR280500021BJNE000100000
@@rechtinfo ich war gerade auf dem Link aber als Laie ist mir das Nichtssagend. Ich weiß trotzdem nicht, wie man aufgrunddessen einen Verkehrswert ermitteln kann. Ich selbst kann da nur nach den Verkaufsanzeigen in meiner Wohngegend gehen und hoffen, dass sich das Finanzamt damit zufrieden gibt. Tut es das nicht, erst dann bin ich ja gezwungen, Geld für einen Gutachter zu investieren. Zuerst versucht man das aber selbst, so hat mir beim Nachlasstermin die Sparkasse das erklärt.
Die Bewertung richtet sich je nachdem, um was für ein Grundstück handelt. Grundlage für die Bewertung sind die Vorschriften des Bewertungsgesetztes (ab § 170 BewG) bzw. nach der Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV wenn es um die Auseinandersetzung mit dem Finanzamt geht. Bei einer Auswahl des Gutachters ist dann § 198 Abs. 2 BewG zu beachten, so dass man nicht jeden x-beliebigen Gutachter beauftragen sollte, denn dann besteht die Gefahr, dass das Finanzamt dessen Gutachten nicht anerkennt. Solche streitigen Verfahren mit dem Finanzamt sind leider meist recht aufwändig. Im Rahmen eines zivilrechtlichen Konflikts gelten andere Kriterien, um den Wert des Grundvermögens zu bestimmen.
Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort! Zum Glück haben sich die Streitigkeiten mittlerweile anwaltlich und außergerichtlich klären lassen, sodass wir keine hypothetischen Pflichtteilsergänzungsansprüche mehr errechnen müssen.
Das ist ein erfreuliches Ergebnis und dass die externe Hilfe dazu beigetragen hat, das Ziel einer Einigung zu erreichen. Gut ist auch, dass ohne die Gerichte zu bemühen, ein Konsens gefunden worden ist.
Grundsätzlich informiert das Nachlassgericht die Enterbte, jedenfalls soweit es davon Kenntnis hat, dass Abkömmlinge vorhanden sind. Fehlen derartige Angaben in dem Testament und gibt außerdem niemand dem Nachlassgericht von dem Vorhandensein entsprechend Berechtigter Kenntnis, kann es dazu kommen, dass keine Nachricht erfolgt.
@@rechtinfo vielen Dank, aber bei einem Notariellen Testament wird dieses Ja beim Nachlassgericht hinterlegt! Und auch beim Zentralennachlassgericht. Insofern müsste das Nachlassgericht mich doch dann informieren? 🤔🤷♂️
Normalerweise sollte eine entsprechende Information erfolgen, dennoch erleben wir es immer wieder, dass mehrere Jahre nach dem Erbfall Pflichtteilsberechtigte zu uns in den Beratung kommen, weil sie nicht sofort bzw. vorher informiert worden sind; somit kommen Pflichtteilsansprüche in solchen Fällen auch dann noch in Betracht.
Meinem Stiefvater und meiner Mutter gehören eine Immobilie. Mein Stiefvater ist verstorben, meine nicht mehr geschäftsfähige Mutter lebt in diesem Haus. Ich bin nicht adoptiert. Im gemeinsamen Testament wurde ich nicht bedacht. Wenn das Haus an eine andere Person verschenkt/überschrieben wurde, muss ich dann etwas wegen meinem Pflichtteilsergänzungsanspruch unternehmen (Verjährung). Das Haus gehört ja auch zum Teil meiner leiblichen Mutter! Oder kann ich erst nach ihrem Ableben diesen Anspruch geltend machen?
Soweit Ihre Angaben vorhanden sind, gehe ich davon aus, dass für Ihre Mutter eine Betreuung angeordnet sein könnte und sie auch nicht mehr in der Lage sein dürfte, eine testamentarische Verfügung zu errichten. Ein Verschenken der Immobilie dürfte dann nicht in Frage kommen. Eine Kernfrage dürfte auch sein, ob ein erheblicher Pflegeaufwand für Ihre Mutter aktuell besteht oder evtl. künftig; denn in dem Falle könnte die Immobilien wertmäßig dazu verwendet werden, diese Kosten zu decken. Dieses alles sind Punkte, die eine Rolle spielen können. Pflichtteils-/-ergänzungsansprüche können grundsätzlich erst im Versterbensfall zur Sprache kommen, da vorher die Testierfreiheit des Erblassers besteht und er jederzeit ein (geändertes) Testament errichten kann.
@ Vielen herzlichen Dank für die Information! Das Testament wurde erstellt, wo meine Eltern noch gesund waren. Leider wird am Ende nicht mehr viel vom Pflichtteil für mich übrig bleiben, da die Betreuerin meiner Mutter eine Kontovollmacht hat, und von diesem Konto alle Unkosten gedeckt werden müssen. Und der Wert der Immobilie schrumpft von Jahr zu Jahr (10 Jahresfrist)!
Wir wünschen Ihrer Mutter eine gute Zeit ohne Schmerzen. Einen Hinweis dürfen wir Ihnen geben; denn dass der Wert der Immobilie abschmilzt, ist angesichts der wirtschaftlichen Sachlage nicht die erste Gefahr, die wir sehen. Was Sie allerdings in Bezug auf die 10-Jahresfrist zu befürchten scheinen, ist die Abschmelzung Ihres Rechts aus dem Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2235 Abs. 3 BGB).
Noch mehr Informationen und unseren Kontakt finden Sie hier:
➡rechtinfo.de/erbrecht/nachlasswert-ermitteln/
Gut zu wiesen. Danke Ihnen führ das Video!
Danke für die freundliche Anerkennung!
Wie sieht es bei der Wertermittlung von zu Lebenszeit durch Schenkung übertragenen Grundstücken aus? Wird dort der Verkehrswert, oder der Bodenrichtwert angesetzt?
Sofern es zu *Differenzen zwischen dem/den Erben und Pflichtteilsberechtigten und/oder Pflichtteilsausgleichungsberechtigten* über den Wert eines Grundstücks kommt, ist ein Wertgutachten eines Gutachters die richtige Handlungsalternative (§ 2314 Abs. 1 BGB). Der Fall, dass zu Lebzeiten ein Grundstück schenkweise übertragen wird, kann zu den o.g. Pflichtteilsergänzungsansprüchen führen.
Wenn es um den Verkehrswert eines Grundstücks geht, kommen im Wesentlichen drei Verfahrensarten ins Spiel: Vergleichswertverfahren (i.d.R.: Eigentumswohnungen, Ein-, Zweifamilienhäuser), Ertragswertverfahren (i.d.R.: Mietwohnungen, Geschäftsgrundstücke) oder Sachwertverfahren (meist bei Eigennutzung, wenn keine anderen Maßstäbe zur Verfügung stehen). Seit 2023 wird bei dem Gebäudewert noch ein Regionalfaktor addiert, (der Regionalfaktor wird vom lokalen Gutachterausschuss ermittelt). Diese Maßstäbe gelten unabhängig davon, ob es sich um einen Erwerb unter Lebenden handelt (= Schenkung) oder von Todes wegen (= Erbschaft). Bei den Bewertungsmethoden wird der Bodenrichtwert jeweils als eine maßgebliche Komponente mit einbezogen.
In Bezug auf evtl. Steuerbelastung im Rahmen der Erb-/Schenkungsteuer kann sich ein Abschlag von 10 % bei *Mietobjekten* positiv bemerkbar machen.
Geht es um den Konflikt mit dem *Finanzamt* , kann es sinnvoll sein, statt auf die Wertermittlung durch das Finanzamt auf einen - am besten vereidigten - Gutachter zu setzen.
Ich weise ergänzend darauf hin, dass eine Art von Ausgleichspflicht im Falle der Schenkung nicht besteht, da der Erblasser eben noch nicht verstorben ist; für den Fall, das der Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen eben dieser Schenkung nach dem Todesfall geltend gemacht wird, weise sich auf die *Abschmelzungsregelung* hin (§ 2325 Abs. 3 BGB).
Wenn Sie zu diesen Fragen weitere Details erfahren möchten, empfehle ich Ihnen eine fachkundige Beratung, da es hier nicht möglich ist, alle Fragen der Immobilienwertermittlungsverordnung darzustellen. Den Text dazu finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de/immowertv_2022/index.html#BJNR280500021BJNE000100000
@@rechtinfo ich war gerade auf dem Link aber als Laie ist mir das Nichtssagend. Ich weiß trotzdem nicht, wie man aufgrunddessen einen Verkehrswert ermitteln kann. Ich selbst kann da nur nach den Verkaufsanzeigen in meiner Wohngegend gehen und hoffen, dass sich das Finanzamt damit zufrieden gibt. Tut es das nicht, erst dann bin ich ja gezwungen, Geld für einen Gutachter zu investieren. Zuerst versucht man das aber selbst, so hat mir beim Nachlasstermin die Sparkasse das erklärt.
Die Bewertung richtet sich je nachdem, um was für ein Grundstück handelt. Grundlage für die Bewertung sind die Vorschriften des Bewertungsgesetztes (ab § 170 BewG) bzw. nach der Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV wenn es um die Auseinandersetzung mit dem Finanzamt geht. Bei einer Auswahl des Gutachters ist dann § 198 Abs. 2 BewG zu beachten, so dass man nicht jeden x-beliebigen Gutachter beauftragen sollte, denn dann besteht die Gefahr, dass das Finanzamt dessen Gutachten nicht anerkennt. Solche streitigen Verfahren mit dem Finanzamt sind leider meist recht aufwändig. Im Rahmen eines zivilrechtlichen Konflikts gelten andere Kriterien, um den Wert des Grundvermögens zu bestimmen.
Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort! Zum Glück haben sich die Streitigkeiten mittlerweile anwaltlich und außergerichtlich klären lassen, sodass wir keine hypothetischen Pflichtteilsergänzungsansprüche mehr errechnen müssen.
Das ist ein erfreuliches Ergebnis und dass die externe Hilfe dazu beigetragen hat, das Ziel einer Einigung zu erreichen. Gut ist auch, dass ohne die Gerichte zu bemühen, ein Konsens gefunden worden ist.
Bekomme ich als Erbe 1. Ordnung immer eine Mitteilung vom Notar oder vom Nachlassgericht wenn ich enterbt werde ? Vielen Dank im Voraus.
Grundsätzlich informiert das Nachlassgericht die Enterbte, jedenfalls soweit es davon Kenntnis hat, dass Abkömmlinge vorhanden sind. Fehlen derartige Angaben in dem Testament und gibt außerdem niemand dem Nachlassgericht von dem Vorhandensein entsprechend Berechtigter Kenntnis, kann es dazu kommen, dass keine Nachricht erfolgt.
@@rechtinfo vielen Dank, aber bei einem Notariellen Testament wird dieses Ja beim Nachlassgericht hinterlegt! Und auch beim Zentralennachlassgericht. Insofern müsste das Nachlassgericht mich doch dann informieren? 🤔🤷♂️
@@rechtinfo ich meinte natürlich das Zentrale Testamentsregister
Normalerweise sollte eine entsprechende Information erfolgen, dennoch erleben wir es immer wieder, dass mehrere Jahre nach dem Erbfall Pflichtteilsberechtigte zu uns in den Beratung kommen, weil sie nicht sofort bzw. vorher informiert worden sind; somit kommen Pflichtteilsansprüche in solchen Fällen auch dann noch in Betracht.
@@rechtinfo skandalös 😤
Meinem Stiefvater und meiner Mutter gehören eine Immobilie.
Mein Stiefvater ist verstorben, meine nicht mehr geschäftsfähige Mutter lebt in diesem Haus.
Ich bin nicht adoptiert.
Im gemeinsamen Testament wurde ich nicht bedacht.
Wenn das Haus an eine andere Person verschenkt/überschrieben wurde, muss ich dann etwas wegen meinem Pflichtteilsergänzungsanspruch unternehmen (Verjährung).
Das Haus gehört ja auch zum Teil meiner leiblichen Mutter!
Oder kann ich erst nach ihrem Ableben diesen Anspruch geltend machen?
Soweit Ihre Angaben vorhanden sind, gehe ich davon aus, dass für Ihre Mutter eine Betreuung angeordnet sein könnte und sie auch nicht mehr in der Lage sein dürfte, eine testamentarische Verfügung zu errichten. Ein Verschenken der Immobilie dürfte dann nicht in Frage kommen. Eine Kernfrage dürfte auch sein, ob ein erheblicher Pflegeaufwand für Ihre Mutter aktuell besteht oder evtl. künftig; denn in dem Falle könnte die Immobilien wertmäßig dazu verwendet werden, diese Kosten zu decken. Dieses alles sind Punkte, die eine Rolle spielen können. Pflichtteils-/-ergänzungsansprüche können grundsätzlich erst im Versterbensfall zur Sprache kommen, da vorher die Testierfreiheit des Erblassers besteht und er jederzeit ein (geändertes) Testament errichten kann.
@ Vielen herzlichen Dank für die Information!
Das Testament wurde erstellt, wo meine Eltern noch gesund waren.
Leider wird am Ende nicht mehr viel vom Pflichtteil für mich übrig bleiben, da die Betreuerin meiner Mutter eine Kontovollmacht hat, und von diesem Konto alle Unkosten gedeckt werden müssen.
Und der Wert der Immobilie schrumpft von Jahr zu Jahr (10 Jahresfrist)!
Wir wünschen Ihrer Mutter eine gute Zeit ohne Schmerzen.
Einen Hinweis dürfen wir Ihnen geben; denn dass der Wert der Immobilie abschmilzt, ist angesichts der wirtschaftlichen Sachlage nicht die erste Gefahr, die wir sehen. Was Sie allerdings in Bezug auf die 10-Jahresfrist zu befürchten scheinen, ist die Abschmelzung Ihres Rechts aus dem Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2235 Abs. 3 BGB).
Vielen Dank für die lieben Wünsche! Ihnen und Ihrem Team wünsche ich eine gute Zeit und später ein besinnliches Weihnachten!