Ich finde, dass man bei Game of Thrones auch das Gefühl hat, der Erzähler würde etwas beobachten, es aufschreiben und dann wieder beobachten und so weiter. Durch die ganzen unterschiedlichen Charaktere und die Zeitabstände zwischen den Kapiteln, habe ich immer das Gefühl, jedes davon wird ohne Vorwissen über die weitere Zukunft geschrieben. :)
Ja, das ist clever gemacht von Martin. Er hat die spätere Narration an die interne Fokalisierung gekoppelt, sodass der Erzähler in den jeweiligen Einzelkapiteln nicht mehr preisgibt als die Figur zum jeweiligen Zeitpunkt weiß. Und wow, das ist gut beobachtet! Denn stimmt, die Zeitabstände zwischen den Kapiteln einer Figur geben dem Ganzen tatsächlich etwas von einem Eingeschobene-Narration-Feeling.
Hey erst einmal danke sehr das hilft mir wirklich sehr! ich habe allerdings eine Frage: Wir haben gelernt, dass zur ZEIT: Order, Duration und Frequenzy gehört, aber du hast diese Sachen in keinem deiner Genette Videos angesprochen...heißen die auf Deutsch anders oder kommt das noch ? danke im voraus für deine antowrt und Liebe grüße
Bitte sehr! Ich freue mich, wenn das Video hilfreich ist! Das, was du erwähnst, ist eine andere "Zeit": Und ja, da gibt es Ordnung, Dauer und Frequenz. Bei mir geht es erstmal um Modus und Stimme. Hier ist die Zeit eine Kategorie der Stimme. Ich konzentriere mich bei dieser Video-Reihe erstmal auf die Dinge, die meiner Erfahrung nach bei Genettes Erzähltheorie am häufigsten erwähnt und gesucht werden. Ordnung, Dauer und Frequenz sind irgendwann auch noch dran. :)
Bei der späteren Narration geht es im Grunde um die Zeitform der Erzählung, also speziell die Vergangenheitsform. Bei der Analepse geht es darum, dass die erzählten Ereignisse zeitlich vor der eigentlichen Handlung angesiedelt sind: Es ist nur ein anderes Wort für Flashback.
Ich erzähle eine Geschichte in Präteritum und noch ein Geschichten die vor Präteritum passiert möchte ich erzählen. Solle ich alles in Plusquamperfekt erzählen ?
Strenggenommen müsstest du das Plusquamperfekt wählen, ja. Aber wenn die Geschichte in der Vorvergangenheit allzu lang ist, will das kaum jemand lesen, weil das Plusquamperfekt nun mal leider anstrengend ist. Ich würde mich nach Möglichkeit also "drumherummogeln". Dazu fallen mir auf Anhieb folgende Möglichkeiten ein: 1. Je nach dem, ob das zu deiner Geschichte passt, kannst du für die Vorvergangenheit abgetrennte Abschnitte benutzen und die Vorgeschichte darin im Präteritum erzählen. Dabei solltest du aber den Leser explizit oder implizit wissen lassen, wann die Geschichte in dem abgetrennten Abschnitt stattfindet. In meinem aktuellen Manuskript habe ich z.B. eine Geschichte im Jahr 1604/5 und eine im Jahr 1607. Die Abschnitte wechseln sich dabei in regelmäßigen Abständen ab und die Jahreszahl steht bei jedem Abschnittswechsel darüber. 2. Vorgeschichten lassen sich auch in Binnenerzählungen elegant unterbringen. Wenn also z.B. eine Figur die Vorgeschichte erzählt oder eine Figur die Vorgeschichte in einem Buch, Tagebuch etc. liest. Eine Binnenerzählung fügt sich nahtlos in die Rahmenerzählung ein und kann trotzdem ohne Weiteres im Präteritum erzählt werden. 3. Die Vorgeschichte im Plusquamperfekt anfangen und dann langsam und unauffällig zum Präteritum übergehen. Rein grammatikalisch ist das strenggenommen fragwürdig, aber es stört den Lesefluss weniger als reines Plusquamperfekt. Es ist allerdings schwierig, es so umzusetzen, dass der Übergang ins Präteritum wirklich unauffällig ist. Bestimmt gibt es noch mehr Möglichkeiten und für einige Geschichten kann es auch sehr individuelle Lösungen geben. Generell ist es wichtig zu schauen, wie die Geschichte geschrieben und strukturiert ist, um die passendste Art zu wählen, die Vorgeschichte zu erzählen. Ich hoffe aber, dass meine Gedanken trotzdem hilfreich sind.
Ich bedanke mich für deine klare Erklärung. Das ist sehr nett von dir. Da meine Vorgeschichte sehr kurz ist, wähle ich Plusquamperfekt aus. Seit 3 Jahren wohne ich in Deutschland und deswegen finde ich äußerst schwer auf Deutsch zu schreiben aber ich stehe auf Herausforderung. Ich habe aber noch eine Frage (drei Teile) 1. Unser ersehnter Moment , der Moment der Blüte, morgen oder übermorgen wird er kommen, versprach ich ihr. Was ist hier richtig, „werde er kommen „ oder „wird er kommen“? Weil es eine indirekte rede ist, muss es nicht „werde“ sein? 2. An die Farbe ihrer Augen erinnere ich mich nicht, aber später sagte ihre Mutter, dass sie braun waren. Es geht wieder um indirekte rede. „ dass sie braun gewesen seien“ ist (grammatikalisch) richtig aber darf man „ dass sie braun waren“ schreiben? Das habe ich in Umgang Sprache gehört, aber darf man so schreiben ? Wenn beide richtig sind, welche findest du stärker? 3. Uns wurde erzählt, dass in der Morgendämmerung, die Blüte zu blühen beginnen. Wieder indirekt rede. „die Blüte zu blühen beginnen“ oder „ die Blüte zu blühen beginnen würden „ ? Welche findest du richtig und stärker ? Deine Antwort und Erklärungen sind mir sehr wichtig 💚💚💚
Bei der gleichzeitigen Narration verstehe ich die Argumentation, dass es unlogisch wirkt, aber genaugenommen funktionieren doch genau so Reportagen, oder nicht (ist keine Tatsache nur eine persönliche Annahme) Der Leser wird durch das Präsens und die gegenwärtige Schilderung total eingesaugt in das Geschehen. Das Geschehen kann sogar so aktuell sein, dass es nicht abgeschlossen ist (siehe Klimakatastrophe zB) Das macht die Erzählung meines Erachtens aber nicht unlogisch, wobei man dazu sagen muss das Reportagen nicht in reiner gleichzeitiger Narration arbeitet, sondern eben auch im Wechsel mit Schlüssen und Fakten arbeitet, also dem Leser werden bereits abgeschlossene Gedankengänge geliefert, aber es bleibt ihm oft frei, sich selbst eine Meinung zu bilden. Die Erzählung selbst hat ja selbst eine Zeitspanne, der Erzähler kann ja vom Anfang des Ereignis und 5 min später wenn es noch nicht abgeschlossen ist einen Schluss ziehen, man kan den Leser also teilhaben an dem Gedankenprozess des Erzählers. Wobei hier ein Erzähler der auch eine Hauptfigur ist dann schwierig wäre. Was denkst du darüber? (Ich bin nur Hobbymäßig im Erzählwerk unterwegs, hab noch nicht viel Theorie gekaut
Du hast völlig recht in Bezug auf die Wirkung der gleichzeitigen Narration (der Leser wird eingesaugt) und Dinge, die tatsächlich noch am Laufen sind (Klimakrise). Ansonsten sind das Geschehen und die Gedanken des Erzählers tatsächlich in der Regel bereits abgeschlossen, ehe davon erzählt wird. Selbst bei Live-Übertragungen von Fußballspielen muss der Kommentator den Torschuss erst sehen, bevor er "Tooooor!" schreien kann. Es handelt sich da zwar um Millisekunden, aber das Geschehen befindet sich trotzdem bereits in der Vergangenheit. - Außer, es ist eben noch nicht abgeschlossen (das Spiel läuft noch, die Gletscher schmelzen etc.). Ich hoffe, ich konnte die Sache ein bisschen mehr präzisieren.
@@DieSchreibtechnikerin Ja das macht Sinn danke :) Wenn man in die Psyche geht, kann man sogar einen Schritt weiter gehen und sagen: Die Figur muss das Ereignis erst akzeptieren bevor sie darauf reagiert. Aber ja da geb ich dir Recht das geht erst nachträglich
Prima Video. Sehr gut erklärt. Die Stimme ist auch sehr angenehm. Freue mich schon auf das nächste Video.
Vielen Dank für diese tolle Zusammenfassung! Genau richtig, um mich optimal für meine kommende Klausurenphase vorzubereiten!
Ich freue mich, wenn ich helfen kann, und hoffe, dass mein eigener "Senf" in dem Video bei den Prüfungsvorbereitungen nicht stört. Viel Erfolg!
Ich finde, dass man bei Game of Thrones auch das Gefühl hat, der Erzähler würde etwas beobachten, es aufschreiben und dann wieder beobachten und so weiter. Durch die ganzen unterschiedlichen Charaktere und die Zeitabstände zwischen den Kapiteln, habe ich immer das Gefühl, jedes davon wird ohne Vorwissen über die weitere Zukunft geschrieben. :)
Ja, das ist clever gemacht von Martin. Er hat die spätere Narration an die interne Fokalisierung gekoppelt, sodass der Erzähler in den jeweiligen Einzelkapiteln nicht mehr preisgibt als die Figur zum jeweiligen Zeitpunkt weiß. Und wow, das ist gut beobachtet! Denn stimmt, die Zeitabstände zwischen den Kapiteln einer Figur geben dem Ganzen tatsächlich etwas von einem Eingeschobene-Narration-Feeling.
Hey erst einmal danke sehr das hilft mir wirklich sehr!
ich habe allerdings eine Frage: Wir haben gelernt, dass zur ZEIT: Order, Duration und Frequenzy gehört, aber du hast diese Sachen in keinem deiner Genette Videos angesprochen...heißen die auf Deutsch anders oder kommt das noch ?
danke im voraus für deine antowrt und Liebe grüße
Bitte sehr! Ich freue mich, wenn das Video hilfreich ist!
Das, was du erwähnst, ist eine andere "Zeit": Und ja, da gibt es Ordnung, Dauer und Frequenz. Bei mir geht es erstmal um Modus und Stimme. Hier ist die Zeit eine Kategorie der Stimme. Ich konzentriere mich bei dieser Video-Reihe erstmal auf die Dinge, die meiner Erfahrung nach bei Genettes Erzähltheorie am häufigsten erwähnt und gesucht werden. Ordnung, Dauer und Frequenz sind irgendwann auch noch dran. :)
Worin liegt der Unterschied zwischen der zurückblickenden Narration (aus Stimme) und der Analepse (aus Ordnung)?
Bei der späteren Narration geht es im Grunde um die Zeitform der Erzählung, also speziell die Vergangenheitsform. Bei der Analepse geht es darum, dass die erzählten Ereignisse zeitlich vor der eigentlichen Handlung angesiedelt sind: Es ist nur ein anderes Wort für Flashback.
@@DieSchreibtechnikerin Super, vielen Dank für die schnelle Antwort ♥
Ich erzähle eine Geschichte in Präteritum und noch ein Geschichten die vor Präteritum passiert möchte ich erzählen. Solle ich alles in Plusquamperfekt erzählen ?
Strenggenommen müsstest du das Plusquamperfekt wählen, ja. Aber wenn die Geschichte in der Vorvergangenheit allzu lang ist, will das kaum jemand lesen, weil das Plusquamperfekt nun mal leider anstrengend ist. Ich würde mich nach Möglichkeit also "drumherummogeln". Dazu fallen mir auf Anhieb folgende Möglichkeiten ein:
1. Je nach dem, ob das zu deiner Geschichte passt, kannst du für die Vorvergangenheit abgetrennte Abschnitte benutzen und die Vorgeschichte darin im Präteritum erzählen. Dabei solltest du aber den Leser explizit oder implizit wissen lassen, wann die Geschichte in dem abgetrennten Abschnitt stattfindet. In meinem aktuellen Manuskript habe ich z.B. eine Geschichte im Jahr 1604/5 und eine im Jahr 1607. Die Abschnitte wechseln sich dabei in regelmäßigen Abständen ab und die Jahreszahl steht bei jedem Abschnittswechsel darüber.
2. Vorgeschichten lassen sich auch in Binnenerzählungen elegant unterbringen. Wenn also z.B. eine Figur die Vorgeschichte erzählt oder eine Figur die Vorgeschichte in einem Buch, Tagebuch etc. liest. Eine Binnenerzählung fügt sich nahtlos in die Rahmenerzählung ein und kann trotzdem ohne Weiteres im Präteritum erzählt werden.
3. Die Vorgeschichte im Plusquamperfekt anfangen und dann langsam und unauffällig zum Präteritum übergehen. Rein grammatikalisch ist das strenggenommen fragwürdig, aber es stört den Lesefluss weniger als reines Plusquamperfekt. Es ist allerdings schwierig, es so umzusetzen, dass der Übergang ins Präteritum wirklich unauffällig ist.
Bestimmt gibt es noch mehr Möglichkeiten und für einige Geschichten kann es auch sehr individuelle Lösungen geben. Generell ist es wichtig zu schauen, wie die Geschichte geschrieben und strukturiert ist, um die passendste Art zu wählen, die Vorgeschichte zu erzählen. Ich hoffe aber, dass meine Gedanken trotzdem hilfreich sind.
Ich bedanke mich für deine klare Erklärung.
Das ist sehr nett von dir.
Da meine Vorgeschichte sehr kurz ist, wähle ich Plusquamperfekt aus.
Seit 3 Jahren wohne ich in Deutschland und deswegen finde ich äußerst schwer auf Deutsch zu schreiben aber ich stehe auf Herausforderung.
Ich habe aber noch eine Frage (drei Teile)
1. Unser ersehnter Moment , der Moment der Blüte, morgen oder übermorgen wird er kommen, versprach ich ihr.
Was ist hier richtig, „werde er kommen „ oder „wird er kommen“? Weil es eine indirekte rede ist, muss es nicht „werde“ sein?
2. An die Farbe ihrer Augen erinnere ich mich nicht, aber später sagte ihre Mutter, dass sie braun waren.
Es geht wieder um indirekte rede. „ dass sie braun gewesen seien“ ist (grammatikalisch) richtig aber darf man „ dass sie braun waren“ schreiben? Das habe ich in Umgang Sprache gehört, aber darf man so schreiben ?
Wenn beide richtig sind, welche findest du stärker?
3. Uns wurde erzählt, dass in der Morgendämmerung, die Blüte zu blühen beginnen.
Wieder indirekt rede. „die Blüte zu blühen beginnen“ oder „ die Blüte zu blühen beginnen würden „ ?
Welche findest du richtig und stärker ?
Deine Antwort und Erklärungen sind mir sehr wichtig 💚💚💚
Bei der gleichzeitigen Narration verstehe ich die Argumentation, dass es unlogisch wirkt, aber genaugenommen funktionieren doch genau so Reportagen, oder nicht (ist keine Tatsache nur eine persönliche Annahme) Der Leser wird durch das Präsens und die gegenwärtige Schilderung total eingesaugt in das Geschehen. Das Geschehen kann sogar so aktuell sein, dass es nicht abgeschlossen ist (siehe Klimakatastrophe zB)
Das macht die Erzählung meines Erachtens aber nicht unlogisch, wobei man dazu sagen muss das Reportagen nicht in reiner gleichzeitiger Narration arbeitet, sondern eben auch im Wechsel mit Schlüssen und Fakten arbeitet, also dem Leser werden bereits abgeschlossene Gedankengänge geliefert, aber es bleibt ihm oft frei, sich selbst eine Meinung zu bilden.
Die Erzählung selbst hat ja selbst eine Zeitspanne, der Erzähler kann ja vom Anfang des Ereignis und 5 min später wenn es noch nicht abgeschlossen ist einen Schluss ziehen, man kan den Leser also teilhaben an dem Gedankenprozess des Erzählers.
Wobei hier ein Erzähler der auch eine Hauptfigur ist dann schwierig wäre.
Was denkst du darüber?
(Ich bin nur Hobbymäßig im Erzählwerk unterwegs, hab noch nicht viel Theorie gekaut
Du hast völlig recht in Bezug auf die Wirkung der gleichzeitigen Narration (der Leser wird eingesaugt) und Dinge, die tatsächlich noch am Laufen sind (Klimakrise). Ansonsten sind das Geschehen und die Gedanken des Erzählers tatsächlich in der Regel bereits abgeschlossen, ehe davon erzählt wird. Selbst bei Live-Übertragungen von Fußballspielen muss der Kommentator den Torschuss erst sehen, bevor er "Tooooor!" schreien kann. Es handelt sich da zwar um Millisekunden, aber das Geschehen befindet sich trotzdem bereits in der Vergangenheit. - Außer, es ist eben noch nicht abgeschlossen (das Spiel läuft noch, die Gletscher schmelzen etc.).
Ich hoffe, ich konnte die Sache ein bisschen mehr präzisieren.
@@DieSchreibtechnikerin Ja das macht Sinn danke :)
Wenn man in die Psyche geht, kann man sogar einen Schritt weiter gehen und sagen: Die Figur muss das Ereignis erst akzeptieren bevor sie darauf reagiert. Aber ja da geb ich dir Recht das geht erst nachträglich