George Orwell: Farm der Tiere / Animal Farm - Ein Nachwort Rezension Kritik Review Interpretation

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  • Опубліковано 12 січ 2025

КОМЕНТАРІ • 16

  • @ZwischenAllenStuehlen2918
    @ZwischenAllenStuehlen2918 2 місяці тому

    Lieber Harald,
    ich hatte mich letztens mit Dir zu Orwell ausgetauscht. Jetzt komme ich nach und nach dazu, mir deine Beiträge anzuschauen, die für Dich ja schon länger zurückliegen. Ganz herzlichen Dank an Dich für Deine rundum gelungene Würdigung dieses großen Buches. Wie Du ganz richtig anmerkst: Obwohl es als Parabel leichte und historisch präzise Zuordnungen macht, ist es zeitlos und hoch aktuell und sehr allgemein gültig. Ich nenne für mich den Mechanismus der Macht, den Orwell hier so präzise offenlegt "historische Dialektik der Macht". Es gab ihn als Phänomen bereits vor den Autokratien des 20. Jahrhunderts. Es geht immer dabei um diejenigen, die das Paradies versprechen und die Hölle bringen: Das Täuferreich in meiner Heimatstadt war so ein früher Anlauf. Die französische Revolution brachte Robespierres und der Jakobiner Terrorherrschaft. Und als Ausgeburt schließlich Napoleons Kriege. Du kennst sicher Goyas Radierzyklus "Desastres de la Guerra". Goya war tief schockiert, was die Soldateska des von der Monarchie befreiten Landes da über Spanien brachte. Gerade als Anhänger der Aufklärung. Ähnlich ging es ja auch Beethoven mit seiner Eroica. Dass Orwell den Namen Napoleon für das "Ober-Schwein" wählte (Du hast darauf explizit hingewiesen) war äußert präzise. Denn schließlich war Napoleon, wie Stalin, ein Karriere-Kind der Revolution und stellte mit seiner Kaiserkrönung deren Kerngedanken auf den Kopf. So wurde der entmachtete schwache König als enthaupteter Bürger Louis Capet durch einen Kaiser beerbt! Raskolnikow nimmt nicht umsonst Bezug auf ihn, als Prototyp eines "Übermenschen", für den der Zweck alle Mittel heiligt.
    Ich erinnere mich an mein letztes Jahr auf der Realschule: Wir diskutierten auf dem Schulhof (kein Witz!), wann der Schah endlich außer Landes gejagt würde, auch wenn wir mit seinem möglichen Nachfolger nicht sympathisierten. Und über die sandinistische Revolution, mit der wir die Hoffnung verbanden, dass es, wie angekündigt, einen gerechten Umsturz ohne Rache geben könne. Sozusagen fast ein Novum der Geschichte, wenn man mal von der eher untypischen Nelkenrevulotion absah. Wir wissen heute, was aus dem Iran geworden ist, und wir wissen seit langem auch, was aus Daniel Ortega geworden ist. Was aus dem Wahnsinn der Roten Khmer einer total egalitären Gesellschaft. Das ist es, woran man immer wieder Orwells Gültigkeit erfahren kann. Er wendet den Aphorismus Lord Actons auf die konkreten Ereignisse an: "Power tends to corrupt; absolute power corrupts absolutely."
    Oder auch, wie es "The Who" (bis heute in ihrer klassischen Formation mit Keith Moon und John Entwistle eine meiner Lieblingsbands) formulierten:
    "I'll tip my hat to the new Constitution
    Take a bow for the new revolution
    Smile and grin at the change all around
    Pick up my guitar and play
    Just like yesterday
    Then I'll get on my knees and pray
    We don't get fooled again
    Don't get fooled again, no, no
    Yeah
    Meet the new boss
    Same as the old boss"
    (Won't get fooled again, Who's Next, 1971)
    Ein kleiner Hinweis noch an dieser Stelle:
    Mein Nickname "ZwischenAllenStühlen" leitet sich auch aus dem ab, was mich nicht zuletzt Orwells Schriften gelehrt haben. Ich formulierte es an anderer Stelle so:
    "Mein Held ist keine Person, sondern eine Haltung. Ich sehe diese Haltung beispielhaft verkörpert im Esel Benjamin in Orwells "Farm der Tiere": Er gehört, fast als Einziger auf der Farm, keiner Tiergruppe an. Er ist Boxers guter Freund. Er bleibt ein kritscher Beobachter, als unabhängiger, aber nicht unbeteiligter, Geist greift er für seinen Freund ein. Er steht ZwischenAllenStühlen, denn nur dort gibt es wirklich Platz, eine - wenn auch eine unbequeme - Freiheit."
    Einige Interpreten sehen in Benjamin eine Art Selbstporträt Orwells. Er ist als Esel weitläufig verwandt mit dem Kaltblüter Boxer. Orwell aber maßt sich nicht an zum Proletariat zu gehören, oder allein für dieses sprechen zu können, wie die meist aus dem Bürgertum stammenden Berufsrevolutionäre der Bolschewiki. Im "Weg nach Wigan Pier" beschreibt er die Qual der Arbeit unter Tage, und wie wenig er, der hochgeschossene lungenkranke Intellektuelle, dieser gewachsen war.
    Vielen Dank, dass Du mit deinen klugen Besprechungen diese wichtigen Bücher so treffend an Frau und Mann bringst!
    Mit herzlichen Grüßen
    Klaus

    • @literaturundwhisky
      @literaturundwhisky  2 місяці тому +1

      Lieber Klaus, habe Dank für deinen ausführlichen, klugen und auch sehr persönlichen Kommentar! Da ist so vieles, dem ich zustimmen möchte, dass ich deinen Kommentar einfach mal anpinne und damit ganz nach oben befördere. Ganz lieben Gruß!

  • @celinewagner7568
    @celinewagner7568 2 роки тому +4

    Hervorragend gelesen und aufgearbeitet, dein Kanal ist mit Abstand mein liebster Literaturkanal geworden!

  • @roye7777777
    @roye7777777 2 місяці тому

    Alle vorher geschriebene positive Kommentaren kann ich nur unterschreiben. Besten Dank! Ich verfolge dieses Kanal schon eine Weile und ich mag das Konzept. Bitte machen Sie so weiter.

  • @Silvi1905
    @Silvi1905 3 роки тому +1

    Sehr gut von dir aufgearbeitet. Hat mir auch nochmal Denkanstöße gegeben. Es ist aber auch schon einige Monate her dass ich das gelesen habe. Ich habe noch 1984 von ihm hier stehen, das muss ich noch lesen. Da bin ich sehr gespannt drauf.

    • @literaturundwhisky
      @literaturundwhisky  3 роки тому +2

      Vielen Dank! Wenn du 1984 gelesen hast, gib mir mal Rückmeldung, wie es dir gefallen hat! Ich habe dazu ja euch ein Video gemacht. LG

  • @susanneforster8445
    @susanneforster8445 2 роки тому

    Vielen Dank für die wundervolle Lesung, obwohl es mich in der momentanen politischen Lage doch sehr mitgenommen hat. Dieses Buch hat wirklich nichts von seiner Aktualität verloren.
    Viele Grüße Susanne

    • @literaturundwhisky
      @literaturundwhisky  2 роки тому

      Ich habe zu danken. Ja, das ist wahrlich erschreckend! Es spricht für die Zeitlosigkeit des Textes, aber gleichzeitig auch dafür, dass es halt auch nicht besser wird. Aber auch Dystopien leben ja von der Hoffnung auf eine bessere Welt!

  • @sparschaelerrolf
    @sparschaelerrolf 2 роки тому +1

    tolles video zu einem tollen buch