Hallo, vielen Dank erstmal für die zahlreichen Videos zum Straftrecht. Ergänzend zu Julias Frage bezüglich des Portemonee Falles, hat sich mir die Frage gestellt ob nicht zuvor ein Betrug zu prüfen wäre nach §263 StGB. Die Abgrenzung des Betrugs vom Diebstahl/ der Unterschlagung bereitet mir in der Examensvorbereitung momentan starke Probleme. Danke schonmal für die Antwort! Gruß
Hallo Herr Bauer, Sie haben Recht, dass man bei der Unterschlagung wegen der im Gesetzestext niedergeschriebenen Subsidiarität ("...wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.") zunächst schauen muss, ob dies der Fall ist. Allerdings wird mir nicht ganz klar, weshalb Sie hier einen Betrug prüfen würden? Betrug und Diebstahl lassen sich ja insbesondere dadurch abgrenzen, dass der Dieb etwas wegnimmt (ohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers), während beim Betrug eine auf einem Irrtum beruhende Vermögensverfügung vorliegen muss. Eine Vermögensverfügung setzt auch immer ein Verfügungsbewusstsein voraus. In dem von Frau Schreiber beschriebenen Fall weiß der Verlierer ja aber gar nichts davon, dass sich der Täter fünf Euro aus dem Portemonnaie genommen hat. Insofern kann aus meiner Sicht auch kein Verfügungsbewusstsein begründet werden und eine Vermögensverfügung scheidet aus, weshalb auch ein Betrug nicht zu begründen ist. In dem vorliegenden Fall würde ich daher lediglich einen Diebstahl negativ abgrenzen. Dieser scheidet ja bei verlorenen Sachen aus, da (in der Regel) niemand mehr Gewahrsam an dem jeweiligen Gegenstand hat. Daher kann auch ein Bruch fremden Gewahrsams, also eine Wegnahme nicht begründet werden. Viele Grüße
Erstmal danke für die schnelle und ausführliche Antwort ihrerseits. Mir stellte sich die Frage ob man nicht eben wegen der Subsidiarität zunächst den Betrug anprüfen sollte. Bei der Täuschung könnte man zunächst eine konkludente Täuschung annehmen und würde dann bei Irrtum rausfallen. Nur zu Abgrenzungszwecken würde ich zunächst einen Betrug annehmen um dann zum Diebstahl um bei diesem bei "Gewahrsam" wie sie bereits beschrieben hatten rauszufallen. Anschließend würde ich dann zur Unterschlagung kommen.
was ist wenn ich einen ausweis finde und diesen zu betrugszwecken im nächstgelgegen Shop vorlege um über meine Identität zu täuschen ?, dann liegt keine unterschlagung vor oder ?
Hallo! Handelt es sich um eine Unterschlagung, wenn der Täter das vom Verlierer verlorene Portmonee wiedererkannt hat, und sich 5€, welche der Verlierer ihm schuldet, aus dem Portmonee nimmt und jenes danach aber zurückgibt?
Julia Schreiber, Hallo Frau Schreiber, der von Ihnen geschilderte Sachverhalt wird in Rechtsprechung und Lehre unterschiedlich beurteilt. Es handelt sich hier um die Frage, ob die Zueignung beim Vorliegen von Schulden objektiv rechtswidrig ist (objektives TBM). Die herrschende Meinung geht hier von sog. Gattungsschulden aus, bei denen der Schuldner noch ein Konkretisierungsrecht nach § 243 BGB hat, so dass der Gläubiger keinen Anspruch auf exakt diese 5€ hat. Insofern kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand erfüllt ist. Oftmals wird jedoch von einem Irrtum des Täters über die objektive Rechtswidrigkeit ausgegangen, so dass hierüber eine Strafbarkeit ausscheidet. Da kommt aber sehr auf den Einzelfall an.
Vielen Dank für die schnelle Antwort! Das hilft mir schon einmal sehr weiter. Bei mir warf sich nur die Frage auf, ob es sich überhaupt um Diebstahl handeln kann, wenn das Portmonee gewahrsamslos ist. Hierbei wird ja in der Regel die Wegnahme verneint. Aber wenn der Täter das Portmonee erkennt, dann kann das Portmonee ja logisch gesehen nicht gewahrsamlos sein und die Wegnahme wäre zu bejahen und folglich würde man die Strafbarkeit gem. §242 I StGB prüfen und nicht die Unterschlagung..
Julia Schreiber Hallo Frau Schreiber, das dürfen Sie aber nicht verwechseln. Für die Prüfung der Wegnahme ist ja zunächst zu betrachten, ob jemand zum Zeitpunkt der Tat Gewahrsam hatte und wenn ja, wer dies war. In Ihrem Fall sprechen Sie von einer "verlorenen" Sache. Das heißt, der Verlierer weiß nicht mehr, wo sich die Sache befindet. Insofern hat er keine Möglichkeit mehr, Sachherrschaft auszuüben. Daher hat er kein Gewahrsam mehr (anders ist dies bei "vergessenen" Sachen). Sie müssen dann schauen, ob jemand anders gewagrsam hat. Dies würde ich hier ebenfalls verneinen. Insofern kann keine Wegnahme begründet werden, als der Täter das Portemonnaie an sich und das Geld entnimmt. Daher sind Sie hier bei der Unterschlagung. Später in der Prüfung ergibt sich dann die oben beschriebene Problematik mit der objektiven Rechtswidrigkeit der beabsichtigen Zueignung.
00:18 Allgemeines
02:25 Exkurs Wegnahme gem. § 242 StGB (Diebstahl)
10:30 Übersicht
11:09 Objektiver Tatbestand
12:30 Tathandlung = Zueignung
15:47 Beispiele für und gegen eine Manifestation
20:31 Qualifikation der veruntreuenden Unterschlagung
21:07 Subjektiver Tatbestand
21:41 Aufbauschema
Hallo, vielen Dank erstmal für die zahlreichen Videos zum Straftrecht. Ergänzend zu Julias Frage bezüglich des Portemonee Falles, hat sich mir die Frage gestellt ob nicht zuvor ein Betrug zu prüfen wäre nach §263 StGB. Die Abgrenzung des Betrugs vom Diebstahl/ der Unterschlagung bereitet mir in der Examensvorbereitung momentan starke Probleme. Danke schonmal für die Antwort!
Gruß
Hallo Herr Bauer, Sie haben Recht, dass man bei der Unterschlagung wegen der im Gesetzestext niedergeschriebenen Subsidiarität ("...wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.") zunächst schauen muss, ob dies der Fall ist. Allerdings wird mir nicht ganz klar, weshalb Sie hier einen Betrug prüfen würden? Betrug und Diebstahl lassen sich ja insbesondere dadurch abgrenzen, dass der Dieb etwas wegnimmt (ohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers), während beim Betrug eine auf einem Irrtum beruhende Vermögensverfügung vorliegen muss. Eine Vermögensverfügung setzt auch immer ein Verfügungsbewusstsein voraus. In dem von Frau Schreiber beschriebenen Fall weiß der Verlierer ja aber gar nichts davon, dass sich der Täter fünf Euro aus dem Portemonnaie genommen hat. Insofern kann aus meiner Sicht auch kein Verfügungsbewusstsein begründet werden und eine Vermögensverfügung scheidet aus, weshalb auch ein Betrug nicht zu begründen ist. In dem vorliegenden Fall würde ich daher lediglich einen Diebstahl negativ abgrenzen. Dieser scheidet ja bei verlorenen Sachen aus, da (in der Regel) niemand mehr Gewahrsam an dem jeweiligen Gegenstand hat. Daher kann auch ein Bruch fremden Gewahrsams, also eine Wegnahme nicht begründet werden. Viele Grüße
Erstmal danke für die schnelle und ausführliche Antwort ihrerseits. Mir stellte sich die Frage ob man nicht eben wegen der Subsidiarität zunächst den Betrug anprüfen sollte. Bei der Täuschung könnte man zunächst eine konkludente Täuschung annehmen und würde dann bei Irrtum rausfallen. Nur zu Abgrenzungszwecken würde ich zunächst einen Betrug annehmen um dann zum Diebstahl um bei diesem bei "Gewahrsam" wie sie bereits beschrieben hatten rauszufallen. Anschließend würde ich dann zur Unterschlagung kommen.
was ist wenn ich einen ausweis finde und diesen zu betrugszwecken im nächstgelgegen Shop vorlege um über meine Identität zu täuschen ?, dann liegt keine unterschlagung vor oder ?
Sehr schön erklärt
Hallo! Handelt es sich um eine Unterschlagung, wenn der Täter das vom Verlierer verlorene Portmonee wiedererkannt hat, und sich 5€, welche der Verlierer ihm schuldet, aus dem Portmonee nimmt und jenes danach aber zurückgibt?
Julia Schreiber, Hallo Frau Schreiber, der von Ihnen geschilderte Sachverhalt wird in Rechtsprechung und Lehre unterschiedlich beurteilt. Es handelt sich hier um die Frage, ob die Zueignung beim Vorliegen von Schulden objektiv rechtswidrig ist (objektives TBM). Die herrschende Meinung geht hier von sog. Gattungsschulden aus, bei denen der Schuldner noch ein Konkretisierungsrecht nach § 243 BGB hat, so dass der Gläubiger keinen Anspruch auf exakt diese 5€ hat. Insofern kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand erfüllt ist. Oftmals wird jedoch von einem Irrtum des Täters über die objektive Rechtswidrigkeit ausgegangen, so dass hierüber eine Strafbarkeit ausscheidet. Da kommt aber sehr auf den Einzelfall an.
Vielen Dank für die schnelle Antwort! Das hilft mir schon einmal sehr weiter. Bei mir warf sich nur die Frage auf, ob es sich überhaupt um Diebstahl handeln kann, wenn das Portmonee gewahrsamslos ist. Hierbei wird ja in der Regel die Wegnahme verneint. Aber wenn der Täter das Portmonee erkennt, dann kann das Portmonee ja logisch gesehen nicht gewahrsamlos sein und die Wegnahme wäre zu bejahen und folglich würde man die Strafbarkeit gem. §242 I StGB prüfen und nicht die Unterschlagung..
Julia Schreiber Hallo Frau Schreiber, das dürfen Sie aber nicht verwechseln. Für die Prüfung der Wegnahme ist ja zunächst zu betrachten, ob jemand zum Zeitpunkt der Tat Gewahrsam hatte und wenn ja, wer dies war. In Ihrem Fall sprechen Sie von einer "verlorenen" Sache. Das heißt, der Verlierer weiß nicht mehr, wo sich die Sache befindet. Insofern hat er keine Möglichkeit mehr, Sachherrschaft auszuüben. Daher hat er kein Gewahrsam mehr (anders ist dies bei "vergessenen" Sachen). Sie müssen dann schauen, ob jemand anders gewagrsam hat. Dies würde ich hier ebenfalls verneinen. Insofern kann keine Wegnahme begründet werden, als der Täter das Portemonnaie an sich und das Geld entnimmt. Daher sind Sie hier bei der Unterschlagung. Später in der Prüfung ergibt sich dann die oben beschriebene Problematik mit der objektiven Rechtswidrigkeit der beabsichtigen Zueignung.