Wien/Staatsoper: "Lohengrin" der Salzburger Osterfestspiele 2022 unter Ch. Thielemann am 8. Mai 2024

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  • Опубліковано 9 тра 2024
  • Nun kam der neue „Lohengrin“ von Richard Wagner in der Inszenierung von Jossi Wieler / Sergio Morabito mit der Bühne und den Kostümen von Anna Viebrock auch an der Wiener Staatsoper heraus. Diese Entscheidung des Staatsoperndirektors erwies sich nicht als der glücklichste Handgriff, obwohl man das doch angesichts der Reaktionen auf die Premiere bei den Salzburger Osterfestspielen 2022 hätte absehen können. Wieler, Morabito und Viebrock legten ein weiteres „Meisterstück“ ihrer stückeverfremdenden, bisweilen im Gegensatz zum Komponierten stehenden „Regieversuche“ ab. Denn von einem Regie-Konzept mag man auch angesichts der dabei wie in Salzburg nun zwangsläufig auch in Wien zu sehenden handwerklichen Fehler gar nicht erst reden. Nicht zuletzt diese führten auch zu einer mehr oder weniger großen Verständnislosigkeit beim Publikum, welches die „Befragung der Rollenbilder des Lohengrin“ (Morabito) wohl nur (ansatzweise) verstehen konnte, wenn es den gedanklichen und (pseudo-)intellektuellen Winkelzügen des leading teams durch Zitate von Thomas Mann und des Freud-Schülers Otto Rank (1911) sowie anderer mit dem Lesen mehrerer Aufsätze Sergio Morabitos gefolgt wäre. Das ist aber von seiner Mehrheit schon aus Zeitgründen kaum zu erwarten.
    Im Prinzip stellen Wieler/Morabito/Viebrock den „Lohengrin“ auf den Kopf, indem sie Elsa zur Bösen machen und Ortrud zur Guten, die entsprechend zum Brautzug im 2. Akt wie Mutter Teresa erscheint. Schon das Vorspiel - „Blau, von opiatischer, narkotischer Wirkung“ - bezeichnete es Friedrich Nietzsche einst - wird voll inszeniert und gezeigt, wie Elsa sich - unter Beobachtung von Ortrud im Hintergrund - schnell die Sachen auszieht, die sie bei der Versenkung des jüngeren Bruders Gottfried in einem Moor trug, und die sie nun wieder gegen die „zunftmäßige“ Kleidung tauscht. Damit ist zumindest schonmal die einzigartige Aura des Vorspiels dahin. Aber es gibt auch nichts von dem sagenumwobenen „Lohengrin“-Blau und noch weniger Opiatisches. Wir sehen eine graue, triste und verkommene Kanalschleuse am Donau-Nebenarm aus der österreichischen Kaiserzeit. Ein wenig Bewegung des Einheitsbühnenbildes mit einem mal hinein, mal hinausgefahrenen Holzgestell als Brautbett. Lohengrin, man glaubt es kaum, kommt aus dem Kanal und taucht am Ende auch wieder dorthin ab…
    Das Regieteam: Elsa soll bei der Erbfolge des Herzogs von Brabant ausgeschlossen werden, weil sie einen Bruder hat, obwohl sie die Ältere ist. Außerdem soll sie mit Telramund zwangsverheiratet werden. Aus dieser Notlage versucht sie sich durch den Brudermord zu befreien. Sie inszeniert Lohengrin als ein Simulacrum Gottfrieds und hofft damit, den Mord zu vertuschen und der patriarchalischen Enge in Brabant zu entkommen, sieht später aber, dass auch Lohengrin als Gralsritter aus einem patriarchalischen Umfeld kommt. Ihr Vorgehen fliegt auf, Gottfried taucht wie eine Fata Morgana aus dem Moor und ersticht seine Schwester mit Lohengrins Schwert.
    Das alles mag in einem Theaterstück als Regie für einen Thriller, den das leading team nach eigenen Worten auch erzählen will, nachvollziehbar sein. Aber es ist Musiktheater. Da steht die Partitur Wagners, der hier als Musiker gar keine Rolle mehr zu spielen scheint, einer solchen Deutung, beziehungsweise der „Befreiung der szenischen Schockstarre“ der Figuren, wie Morabito in seiner Werk-Einführung sagte, diametral entgegen. Dann ist das alles nicht mehr stimmig und verliert an Wirkung, Bedeutung - ja auch an Ernsthaftigkeit.
    Was blieb, waren einige Sänger, der Chor und das großartige Dirigat von Christian Thielemann. Wie er die Details der Partitur, die er wohl auch im Schlaf dirigieren könnte, ausarbeitet bei gleichzeitig intensiver Hinwendung zu den Sängern - das ist schlicht wunderbar!
    Unter allen Protagonisten ragte Anja Kampe als Ortrud mit ihrem kraftvollen dramatischen Sopran heraus, den sie bestens variieren kann mit intensivem Ausdruck und einer guten Tiefe. Malin Byström war nicht die Elsa, die man im „Lohengrin“ erwartet, trotz sehr guten Spiels. Die Stimme klingt etwas zu guttural, um die feine Lyrik und den vokalen Variantenreichtum einer Elsa zu entfalten. Georg Zeppenfeld sang Heinrich den Vogler in einer Stalin-Uniform (!) wie gewohnt prägnant und wortdeutlich sowie ausdrucksstark, aber nicht mit der Bassfülle, die man für diese Rolle erwartet.
    David Butt Philip als Lohengrin machte seine Sache mit einem kräftigen, relativ hohen Tenor recht gut, wenn auch nicht der auratische, zum A-Dur passende Glanz der Figur zum Ausdruck kam. Aber die Rolle war hier auch ganz anders angelegt. Martin Gantner war als Telramund mit einer wenig resonanzreichen und relativ farblosen Stimme etwas blass und konnte seiner engagierten Darstellung somit vokal nicht ganz entsprechen. Attila Mokus sang einen ordentlichen Heerufer.
    Kurzum, allenfalls eine Inszenierung für einen Festspiel-Versuch oder ein Stagione-Haus, aber nicht für ein Repertoire-Theater wie die Wiener Staatsoper!

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