Live-Mitschnitt des Konzerts "la festa sinfonica" in der Christuskirche Hannover am 6.10.2023 um 20 Uhr
Uraufführung: Spielraum - sinfonia for classical period orchestra von Benjamin Scheuer
Mitwirkende:
la festa musicale: Traversflöte: Brian Berryman | Oboe: Elisabeth Grümmer, Eleonora Trivella | Fagott: Catriona McDermid, Elisabeth Kaufhold | Horn: Elke Schulze Höckelmann, Johannes Birk | Violine 1: Anne Marie Harer, Alexandra Wiedner, HyeWon Kim, Karoline Stemberg | Violine 2: Henriette Otto-Dierßen, Katharina Lobé, Jörn-Sebastian Kuhlmann, Wiebke Corßen | Viola: Maria Pache, Bettina Ihrig, Amy Shen | Violoncello: Christoph Harer, Irene Liebau | Kontrabass: Christine Sticher |
Musikalische Leitung: Peter Whelan (Irland)
Spielraum - sinfonia for classical period orchestra
Der Komponist Benjamin Scheuer schreibt über das Stück: Das viersätzige
Orchesterstück ist eine Collage voll von Assoziationen an die barocke und klassische Epoche. Der Bezug besteht nicht nur durch die Besetzung mit historischen Instrumenten, sondern ist in einer Art kompositorischem Filtrationsprozess begründet.
In Improvisationssessions ließ ich die Musikerinnen und Musiker von la festa musicale rudimentäre musikalische Gesten in klassischer und in moderner Manier verzieren.
Wie bei einer Collage dienen diese spontan entwickelten Elemente als Grundbausteine der Komposition. Im Vordergrund steht die Absicht, die musikalische Idiomatik, die untrennbar mit den historischen Instrumenten verbunden ist, in einen Dialog mit einer zeitgenössischen Sprache treten zu lassen.
Zur Eröffnung erklingt eine Bläserserenade. Sie gleicht einer großen Maschine, die aus diversen Ersatzteilen zusammengeschraubt wurde und deren Getriebe in einem behäbigen, aber gleichmäßigen Tempo läuft. Statt eines Cembalos treibt ein Keyboard das Geschehen an und dient damit als „Generalbassinstrument“. Es spielt gesampelte und durch kurze Glissandi verfremdete Klänge der Blasinstrumente zu.
Der zweite Satz ist ein Gewebe aus Imitationsketten. Die Einsätze der motivischen Fragmente folgen in ungewöhnlichen Relationen und großer Anzahl und sprengen so, kaum hat er sich etabliert, den tonalen Rahmen. Die polyphonen Texturen werden durch die Aufstellung der Violinen um das Publikum herum in den dreidimensionalen Raum getragen. Und die Glissandi der verschieden gestimmten Mundharmonikas versinnlichen die gleitenden Wechsel zwischen den tonalen Zentren. Aus dem Orchester steigt vorsichtig ein zarter Begleitchoral hervor, der bei dem Versuch, den
harmonischen Entwicklungen zu folgen und einen konsonanten gemeinsamen Nenner mit den Violinen zu finden, ständigen Schwankungen unterliegt. Der Tanz huscht in maximal komprimierter Form vorbei. Der rustikale unisono-Dialog zwischen Violinen und Orchester wird mehrfach variiert.
Im Finale wird anstelle eines Cembalos oder eines Fortepianos der Sampler zum Soloinstrument. Grundlage ist eine einfache Rondoform. Die auf dem Keyboard zu spielende Tastenfolge ist in jedem Refrain praktisch gleich, allerdings wird das Instrument stets mit neuen Klängen belegt. Die Wiederholung wird auf diese Weise automatisch zur Variation.